Geht es nur mir so, oder nimmt die Amerikanisierung der Feiertage wirklich inzwischen eher ab als zu? Letztes Jahr an Halloween hat es zum Beispiel nicht ein einziges Mal an unserer Tür geläutet. Entweder haben die Kinder wirklich keine Lust mehr auf „Süßes oder Saures“, oder ich habe es bereits im Jahr davor selber versaubeutelt. Da hatte ich nämlich gleich nach dem ersten Läuten die etwa 30 Sekunden lange mp3-Schleife über die Stereoanlage gestartet, die ich aus diversen „Hui Buh! Hui Buuuuuuuuuuh hä-ä-ä-ä-ä-ä-ä-ä-ä huhuhuhuuu!“-Heulern des unvergessenen Hans Clarin mit viel Geklapper der rostigen Rasselkette zusammengeschnitten hatte. Danach hatte ich die Tür geöffnet, doch es war niemand mehr dagewesen. Bis heute weiß ich nicht, ob meine Idee viel zu gruselig gewesen ist, oder ob ich mit besagten 30 Sekunden einfach nur die Aufmerksamkeitsspanne von Schulkindern überschätzt habe. Jedenfalls sind vorletztes Jahr die angeblich gesunden Nasch-Vitamine nicht in den Sammeltüten von verkleideten Halloween-Kindern gelandet, sondern im Magen von meinem Mann, und letztes Jahr habe ich erst gar keine gekauft.
Die Adventszeit und Weihnachten bleiben bisher noch unangetastet; die Konsummaschinerie brummt wie eh und je. Trotzdem habe ich 2013 das Fest der rieselnden Tannennadeln wirklich zum fünften Mal in Folge erleben können, ohne ein einziges Mal Last Christmas hören zu müssen. Geht ganz einfach: Ab dem 1. Advent verzichte ich stets auf meinen eigentlichen Radiosender R.SH (Radio Schleswig-Holstein) und höre bis Altjahrsabend einen Jazzkanal von Danmarks Radio. Denn auch wenn ich nicht gerade ein Fan deutschen Weihnachtsliedgutes bin (ich vertrete die unumstößliche Theorie, dass Eine Muh, eine Mäh, eine Täterätätääää bei einem Horrortrip nach der Einnahme bewusstseinserweiternder Substanzen entstanden sein muss), tut es auch nicht nötig, jedes Jahr immer wieder die schmalztriefende Stimme von George Michael ertragen zu müssen.
Nächster Jubeltag im Jahresreigen ist der Valentinstag, so wie heute. Ich weiß nicht recht… Fast sechzehn Lenze bin ich nun mit meinem Mann zusammen, und wir haben diesen Tag noch nie gefeiert. Okay, ich habe ihm mal zum 14. Februar einen Besuch auf dem Fernsehturm geschenkt, was insofern außergewöhnlich war, weil ich die Aussichtsplattform wegen meiner Höhenangst mehr tot als lebendig erreichte. Aber das hatte nichts mit St. Valentin zu tun, sondern damit, dass wir an diesem Tag einfach nichts Besseres vorhatten. Wir haben unsere eigenen, viel wichtigeren Daten – der erste Spaziergang, der erste Kuss, der erste… nun ja, es dürfte klar sein, worauf ich hinaus will. Jedenfalls sind solche individuellen Tage doch viel schöner, als sich das Zelebrieren der Liebe von außen aufdiktieren und regelrecht normen zu lassen. Blumen kann man seinem/seiner Liebsten auch an anderen Tagen als nur dem 14. Februar kaufen – der Florist eures Vertrauens wird es euch danken!
Blumen- und Süßwarenhändler haben sich an unserer Verweigerungshaltung jedoch nie gestört, weil sie genügend andere Zielobjekte fanden, welche nur zu gerne ihr Geld für Schokoherzen und Blumengebinde ausgegeben haben, weil ihnen die Werbung das so eingetrichtert hat. Dieses Jahr scheint sie aber nicht so viel Lust zum Eintrichtern gehabt haben. Im Radio habe ich keinen einzigen Werbespot mitbekommen, und auch die wenigen Reklameblöcke die ich en passant im Fernsehen aufgeschnappt habe, sind vollkommen valentinsfrei gewesen. Auch gerade im Supermarkt hat mich kein Jingle zum Last Minute-Ankauf von zarten Versuchungen oder zu gebenden Küsschen animieren wollen. Dabei war ich wirklich lange unterwegs, weil viel auf meinem Zettel stand. Aber da kam nichts. Nothing. Nada. Rien. Niente. Zilch.
Auf dem Weg zur Kasse musste ich allerdings einem Supermarktangestellten mit einem Riesenhubwagen voller Europaletten ausweichen. Unglücklicherweise wurde ich in den Gang mit den Süßigkeiten gedrückt, wo ich ganz automatisch zur Lieblingsschokolade meines Göttergatten griff. Zuhause überreichte ich ihm die Schachtel dann mit: „Alles Liebe zum Valentinstag.“
Verflixt, wie ist das nun wieder passiert?