Wer ist Daphne?

Nach der Rumpelkammer habe ich mich in den letzten Wochen immer wieder mal für ein halbes Stündchen unserem Hängeboden gewidmet, jene eingezogene Zwischendecke über der Küchen- oder Wohnungstür, die in gutsituierten Familien des 19. Jahrhunderts als Schlafgelass für das in der Hierarchie weiter unten stehende Personal diente (Näheres hierzu verraten die Werke von einschlägigen Autoren wie Hedwig Courths-Mahler, Theodor Fontane oder Utta Danella), heute in Altbauten jedoch als Lagerraum für Dinge herhalten muss, für die der Keller zu kalt, überfüllt und feucht ist.

Auch auf so einem Hängeboden sammelt sich eine ganze Menge Plunder an, den man „irgendwann“ mal aussortieren will. Inzwischen habe ich endlich die Kurve gekriegt, und jeden Tag werden einige Teile wieder in den Haushalt integriert oder ins lokale Recyclingsystem gespeist.

Gestern hielt ich plötzlich ein einzelnes Blatt aus einem Buch in Händen. Keine Ahnung, wann es aus dem zugehörigen Werk der Hochliteratur gefallen ist, es muss nur schon eine ganze Weile her sein, denn eigentlich hatte ich in diesem Karton seit Jahren Tischdecken gelagert; besagtes Blatt musste also noch von der vorherigen Füllung stammen. Ich las die wenigen Zeilen auf beiden Seiten, in denen es um eine Daphne ging, die in ziemlich schmalzigen Worten und unnötig epischer Breite darüber resümiert, wie die Mutterschaft sie verändert hat.

Nun gibt es zwar in einem meiner Romane eine Daphne, aber die kann keine Mutter sein, weil sie eigentlich Sven heißt und nur abends als Teil eines Travestieakts in Frauenkledaasche auf die Bühne geht. Aber auch da geht es dann nicht um Mutterfreuden.

Es muss sich also um eine ganz andere Daphne handeln. Seitdem ist mein kriminalistischer Spürsinn geweckt – vielleicht findet sich das um eine Seite beraubte Werk ja doch noch irgendwo in meiner Riesenbibliothek. Sachdienliche Hinweise der Leser des Wortgepüttscher werden natürlich auch gerne entgegengenommen!