Mal was ganz anderes

Am Wochenende habe ich beschlossen, einen echten Horroroman zu schreiben. Es war ein hartes Stück Arbeit, und es ist tatsächlich so gruselig geworden, dass ich am Ende selber ganz schweißgebadet war und letzte Nacht kaum schlafen konnte.

Dieses Meisterwerk der Horrorliteratur möchte ich euch nicht vorenthalten. Aber seid gewarnt – es ist noch früh am Morgen, und ihr braucht starke Nerven, um danach noch den ganzen Tag durchzuhalten. Aber hier ist es nun – das Gruseligste, was ich je wortgepüttschert habe:

MONTAG.

 

Rechte, Pflichten, Provokationen und Glückwünsche

Rainbowflag_neuDer Roman Bingo von Rita Mae Brown aus der Trilogie um die Hunsenmeir-Schwestern Julia und Louise ist zwar schon beinahe dreißig Jahre alt, aber einige seiner gesellschaftspolitischen Bezüge bieten heute noch genauso spannenden Diskussionsstoff wie 1987. So schreibt sie sinngemäß:

Ein Coming out ist keine Frage der Freiheit, sondern der sozialen Verantwortung, quasi eine Pflicht. Unsere Gesellschaft beschäftigt sich nur mit der Romantik des Paarens, vergisst darüber aber, dass es letzten Endes und vor allem vorrangig ein Mechanismus der Natur zur Erhaltung der Spezies Mensch ist. Homosexuelle, die in heterosexuelle Ehen gedrängt werden, werden unfreiwillig zu Knüppeln zwischen den Beinen der Gesellschaft, weil sie so weder zur Spezieserhaltung beitragen noch andere Aufgaben erfüllen können, welche die heterosexuellen Paare entlasten, so dass diese sich der Aufgabe der Spezieserhaltung widmen können. Was sich hinter den Schlafzimmertüren abspielt, geht keinen was an. Aber was die Zusammenhänge anbetrifft, ist vollkommene Offenheit unabdingbar. Wir müssen wissen, wer für welche Aufgabe zur Verfügung steht. Es liegt also im Interesse aller, Homosexuellen das Coming Out so leicht wie möglich machen. Nur mit vollständiger Information kann unsere Gesellschaft funktionieren und unsere Spezies erhalten werden.

Spannende These, zu der ich auch nach 27 Jahren noch keine abschließende Antwort für mich gefunden habe. Provokant ist sie auf jeden Fall, ganz besonders, wenn man sie in Zusammenhang mit dem sieht, was gerade in Großbritannien geschehen ist – dort dürfen seit diesem Wochenende Homosexuelle heiraten. Also… richtig heiraten. So mit allem Drum und Dran. Eine echte Ehe. Ohne „Ja, aber…“ – kein ein halbherziges Mehr Pflichten als Rechte und daher weiterhin diskriminierend wie im Mittelalter-Gesetzesgefüge, wie es uns die deutsche Rechtsprechung in ihrer scheinbar unüberwindbaren Gestrigkeit zugesteht.

Ist da auf der Insel tatsächlich das Wunder (zu dem sich auch Hans-Georg Gedanken gemacht hat) geschehen, gesetzliche Rechte und Pflichten (ob man hier der moralischen These von Frau Brown zustimmen kann und will, sei jedem selbst überlassen) wirklich ausgeglichen unter einen Hut zu bringen? Ich glaube, ja. Man muss jetzt wirklich ganz genau überlegen, ob man Großbritannien wirklich noch als das eigenbrödlerische und manchmal hinterwäldlerisch denkende Land belächeln darf, wie man es sonst gerne tut.

„Wenn die Liebe von Menhschen durch das Gesetz entzweit wird, dann ist es das Gesetz, das geändert werden muss“, sagte David Cameron. Grüße nach Berlin – ich glaube, ihr seid mit diesem Wochenende noch weiter zurückgefallen, was Menschenrechte betrifft, als es ohnehin schon der Fall ist…

Und ehe ich es vergesse – meine allerherzlichsten Glückwünsche an alle frischgebackenen Ehepaare in merry old England!

Engelsaugen

Mit einer Schellacksingle von Marilyn Monroe hat der musikalische Wochenausklang begonnen, danach bin ich aber doch auf digitale Medien umgestiegen – Smartphone an die Stereoanlage angeschlossen und Play in der Musik-App gedrückt. Zugegeben, das hatte nicht mal 1/10 der Atmosphäre, die ich bei Schallplatten so schätze, aber andererseits wollte ich nicht alle Nase lang mein Lesen unterbrechen, vom Sofa aufstehen und die Platte umdrehen bzw. wechseln.

So dudelte sich der Zufallsgenerator durch die Sammlung, gedämpfte Lautstärke hielt die Musikuntermalung unaufdringlich. Nur bei einem Lied hörte ich etwas näher zu. Eine schon ältere Aufnahme von John Grant, zusammen mit seiner alten Gruppe The Czars eingespielt. Eine Coverversion des Songs Angeleyes (bei YouTube zu finden), ursprünglich von ABBA. Eigentlich trifft der Begriff Coverversion es nicht richtig. Es ist vielmehr eine komplette Neuauslegung des Songs und seines Inhalts.

ABBA kommt mit schnellrhythmischen, helltönigen Disco-Elementen daher als Metapher für die Verdrängung des Schmerzes, den die Enttäuschung über den untreuen Ex gebracht hat. Darüber hinaus symbolisieren sie vielleicht auch ein wenig Rache ist süß, denn der Text richtet sich ja nicht an ihn, sondern an die Neue an seiner Seite, die davor gewarnt wird, worauf sie sich einlässt. Die Geschichte wird dann nach erfolgreicher Aktion der besten Freundin erzählt.

Ganz anders The Czars. Die Instrumentierung ist minimalistisch und rein akustisch arrangiert, das Tempo langsam, und John Grant singt mit einer tiefen Melancholie, welche die eigentliche Traurigkeit der Story und des Textes deutlich, aber nicht theatralisch betont.

ABBA geht sozusagen in die Disco und tanzt sich den Schmerz aus dem Leib, John Grant hingegen sitzt am Tresen seiner Stammbar, ist nicht mehr ganz nüchtern, und erzählt seine Geschichte dem Barmann. Wahrscheinlich ist es sogar eine Gay Bar, denn der für Agnetha und Anni-Frid geschriebene Text bleibt unverändert, so dass John Grant von einem Mann erzählt, der seinen Mann verloren hat. Eine Facette, welche die Czars-Version noch eindringlicher macht.

Schon spannend, dass ein und derselbe Song so verschiedene Stimmungen transportieren kann.

Auftakt

MonroeDen dünnen Papierumschlag von allen Seiten betrachten. Die Werbung lesen.

Darin eine schwarze, runde Scheibe aus Schellack. Vorsichtig rausziehen und in die Hand nehmen. Ins Licht halten, das sich bricht in etwas, das wie tausend mikroskopisch kleine Schluchten wirkt, in Wahrheit aber nur eine einzige spiralförmige Rille ist.

Die schwarze Scheibe auf den Plattenteller legen.

Den Spieler in Gang setzen. Die Platte beginnt, bei 78 Umdrehungen pro Minute zu rotieren.

Den Tonarm vorsichtig auflegen.

Statisches Knistern.

Dann endlich die Klänge, auf die man sich gefreut hat.

Schöner kann man dem Wochenende kaum seinen Auftakt geben: Musik nicht einfach konsumieren, sondern zelebrieren.

Unterschätzt

The Golden Girls, Episode 108: Dancing in the Dark. Rose hat sich in einen Mann verguckt, der sich zu ihrem Entsetzen als Collegeprofessor entpuppt. Auf einer Party bei ihm kommt folgende Frage auf: „Wenn Sie zwei beliebige Menschen, egal ob lebendig oder tot, bei sich zum Abendessen einladen könnten – wen würden Sie fragen?“

Die ganzen brillanten Köpfe werfen mit beeindruckenden Namen wie Winston Churchill um sich. Als Rose gefragt wird, antwortet sie: „Nur zwei? Oh, ich würde mich schuldig fühlen, wenn meine besten Freundinnen Dorothy und Blanche nicht dabei sein könnten.  Aber wäre es okay, wenn Jesus zum Nachtisch vorbeischaut?“

Sich nicht von prominenten Namen blenden lassen, die richtigen Prioritäten setzen, den wirklich wichtigen Leuten gegenüber loyal sein… Wer behauptet eigentlich immer, Rose sei das Dummchen? Eigentlich ist sie die Klügste von allen.

Indiebookday

Morgen ist Sonnabend, und für die meisten wird es ein ganz normaler Sonnabend sein mit allem, was sie sonst so am Sonnabend anstellen. Wahrscheinlich gehört auch ein ausgedehnter Einkaufsbummel dazu, sei es virtuell am datenverarbeitenden Endgerät des Vertrauens, sei es „live“ in der Fußgänerzone der Wahl.

Ein Vorschlag an die Leser des Wortgepüttscher – und gleichzeitig eine Bitte: Gebt diesem Einkauf an diesem Sonnabend (Samstag), den 22. März 2014 doch eine besondere Note, in dem ihr der Veranstaltung des Indiebookday etwas Beachtung schenkt. Mit diesem Tag soll die Aufmerksamkeit für den Literaturbetrieb im Bereich Independent gestärkt werden, also für jene unabhängigen Autoren und Verlage, hinter denen nicht die geballte Marktmacht von Großkonzernen steht, in denen Controller und sonstige Finanzjongleure den Ton angeben.

OLYMPUS DIGITAL CAMERANatürlich wollen auch wir Indie-Autoren und unsere Verlage unsere Werke verkaufen, dennoch steht bei uns die Leidenschaft für das geschriebene Wort im absoluten Vordergrund, nicht die BWL. Wir brennen für das, was wir tun, und es beflügelt uns, wenn sich andere von diesem besonderen Feuer mitreißen lassen. Leider werden wir oft von einem rein pekuniär agierenden System überrannt, und welche unschönen Folgen das auch für euch als Lesefreunde oder auch die Freunde anderer Kunst haben kann, hat der Stilpirat in wunderbare Worte gefasst.

Darum die Bitte: Nehmt am Indiebookday teil – in vielen Buchhandlungen gibt es längst eigene Ecken; die Online-Händler haben „Indie“ (oder auch „Independent“) in ihre Suchfilter eingebaut. Lasst euch beraten, stöbert nach Lust und Laune. Überschüttet das Indiebook-Segment mit eurer Aufmerksamkeit und seid neugierig auf das, was die Literatur abseits der Modeströmungen zu bieten hat. Und dann lasst es alle wissen, z. B. so, wie es die Buchstabenfängerin vorschlägt. In den Social Networks findet ihr unter dem Hashtag #indiebookday ganz viel zum Thema.

Indie-Literatur bietet für jeden etwas – ob nun bspw. humoristische Belletristik, wie ich sie mit meinen eigenen Büchern schreibe, Krimis, Fantasy oder etwa auch ein Drama aus den schottischen Highlands, wie es Stefan Radoi mit „Susannah“ erzählt. Es gibt keine Limits.

Gebt Indie eine Chance, lasst euch in andere Lesewelten entführen. Es lohnt sich.

Opulentes Mahl

SouvenirGestern beim Kramen in der Kiste mit Urlaubssouvenirs gefunden – eine Banknote im Wert von 50 thailändischen Baht. Könnte man ja mal in ein schickes Frühstück umsetzen. Mit einem Umrechnungswert von 1.11 € hätt’s glatt für zwei Kürbiskernbrötchen gereicht.

Zeitenwende

Soziale Kälte. Manchmal erlebt man sie am eigenen Leib oder wird sogar gezwungen, unfreiwillig zu ihrem Handlanger zu werden.

Es wurde wieder mal Zeit, eine Kiste mit Büchern und ähnlichem nach altbewährtem Muster vor die Tür zu stellen. Nach einer Viertelstunde war die Kiste halb leer. Nach einer halben Stunde klingelte ein Mitarbeiter unserer Wohnungsbaugesellschaft und verlangte sowohl die Entfernung der Kiste und verbot künftige Spenden nach diesem Muster.

Aus die Maus nach sechzehn Jahren, weil unsere angeblich gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft nicht mehr wünscht, dass ihre Mieter sich sozial verhalten und das, was sie zuviel haben, mit denen teilen, die nicht so viel haben. Wieder ist die Stadt ein Stück kälter geworden.

„Ich kann gar nicht so viel fressen, wie ich kotzen möchte.“ (Max Liebermann)

Geschmack? Wo?

Feinkost_2bGestern nach Feierabend war ich mit meinem Mann einkaufen. Wir hatten eine Kleinigkeit zu feiern und waren deswegen in einem der alteingesessenen Feinkostläden der Stadt.

Wir haben uns richtig Zeit gelassen und die hausgemachten Delikatessen mit Sorgfalt ausgesucht, denn es ist dort wirklich nicht billig, und die große Auswahl kann einen schon in Entscheidungsnot bringen. Aber am Ende hatten wir fünf tolle, sündhaft teure Sachen, auf die wir uns richtig freuten und natürlich auch zuhause nett anrichteten.

Dann kam die feierliche Verkostung.

Ich wehre mich immer, wenn jemand bei einer Speise sagt „Das schmeckt nach nix.“ Alles hat einen Geschmack, selbst Wasser reizt einige Rezeptoren auf der Zunge. Doch diesmal schwieg ich, als mein Mann ganz enttäuscht zu mir sagte: „Das schmeckt ja alles nach gar nix!“

Denn er hatte recht. Ich hatte gerade selber eine herrliche, tiefrote Scheibe eingelegter Paprika auf meine Zunge gelegt und stellte fest, dass ich da zwar Paprika spürte, aber eben nichts… rein gar nichts schmeckte. Kein Paprikageschmack an sich, keine Spuren der Marinade. Ganz ehrlich: 08/15-Kantinenfutter schmeckt besser als diese angebliche Feinkost.

Dasselbe bei den Salaten, die angeblich so intensive Ingredienzien wie Chili und Knoblauch beinhalten sollten; Betonung auf sollten. Da war zwar eine ölig-schleimige Textur, aber oben genannte Rezeptoren fühlten sich nach Strich und Faden verarscht.

Betrübt gelangten wir zu der Ansicht, dass manche Läden irgendwann nur noch von ihrem alten Namen leben, aber nicht mehr von dem, was man heute als „Kernkompetenz“ bezeichnet.

Memo an die Küche: Feinkost heißt u. a. deswegen so, weil man die feinen Zutaten fein herausschmeckt – nicht, weil ihre Dosierung unterhalb der Nachweisbarkeitsgrenze liegt.

„Meine berühmten Freundinnen“

Alkohol und Frauen aus den Pyrenäen haben mich vor kurzem noch davon abgehalten, doch an diesem Wochenende bin ich – neben reichlich Outdoor-Zeit –  endlich dazu gekommen, Meine berühmten Freundinnen des Schauspielers Hubert von Meyerinck aus dem Jahr 1967 zu lesen.

Das Wort „reizend“ als ehrliches Kompliment zu gebrauchen, ist weitgehend aus der Mode geraten. Doch auf die Autobiographie von Hubert von Meyerinck trifft es zu, darum sollte es auch benutzt werden.

„Autobiographie“ ist in diesem Zusammenhang nicht ganz das richtige Wort. „Memoiren“ trifft es eher, denn Hubert von Meyerinck erzählt nicht wirklich viel von sich selbst, wenn man von einigen harmlosen Episoden absieht. Es wäre Ende der 60er Jahre wohl auch etwas gefährlich gewesen, zuviel von sich preiszugeben – der § 175 (externer Link zu Wikipedia) war schließlich immer noch ein fester Bestandteil des Strafgesetzbuches. Trotzdem klammert er das Thema Homosexualität nicht völlig aus. Wenn er von seiner Zeit im Berlin der 1920er Jahre erählt, lässt er die verruchten alten Lokale, Bars und Spelunken wie die Schnurrbartdiele, das Ciro und das Scherbini wiederauferstehen. Er berichtet von miteinander Walzer tanzenden Männern, von singenden Damen, die eigentlich auch Herren sind, von der Selbstverständlichkeit, mit der einer in einem gediegenen Restaurant plötzlich splitterfasernackt dasitzenden Anita Berber (externer Link zu Wikipedia) begegnet wurde, und davon, dass das, was später als lasterhaft betrachtet wurde, zur Zeit, als es passierte, gar nicht lasterhaft war. Denn jeder, der es sich finanziell leisten oder sich geschickt aushalten lassen konnte, hat in diesen Lokalen verkehrt, auch der Adel und die Politik. Zwar liegt in der Art, wie Hubert von Meyerinck davon erzählt, eine Beseeltheit, es erlebt zu haben, und ein Bedauern, dass es vorbei ist – dennoch ist da eine gewisse Distanz, als wolle er nicht zu stark zugeben, selber Teil des ganzen Geschehens gewesen zu sein.

Umso ausgiebiger spricht Hubert von Meyerinck über seine rein platonischen Freundschaften zu den großen Kolleginnen seiner Zeit, u. a. Friedel Schuster, Elsa Wagner, Käthe Dorsch, Grethe Weiser und Adele Sandrock. Sie alle haben „Hupsi“, wie er von Freunden genannt wurde, ein Stück auf dem Lebensweg begleitet, und er zollt ihnen als eben diese loyalen Wegkameradinnen seine ganze Anerkennung. Seine Erzählung schwankt dabei zwischen lockerer Plauderei und der typischen Sentimentalität eines am Ende des Lebensweges stehenden Künstlers aus flammender Leidenschaft, wobei er sich für beides eines aus heutiger Sicht eigentümlich antiquierten, bisweilen theatralischen Tonfalls bedient. Doch dabei büßt er nie an Sympathiepunkten ein, denn man merkt jeder Zeile an, wie grundehrlich er es meint und wie sehr jedes Wort aus einem Herzen kommt, das ein sehr großes gewesen zu sein scheint. Kurzum: Es macht Freude, dieses Buch zu lesen.

Hubert von Meyerinck (* 1896, † 1971) war einer der meistbeschäftigten und beliebtesten deutschen Schauspieler seiner Zeit auf Bühne und Leinwand. Im Film war er oft auf die Rolle des komischen Kauzes abonniert (z. B. als inkognito auftretender Reisebürobetreiber in Ferien auf Immenhof oder als verarmter und daher öffentliche Toiletten reinigender Adeliger in Billy Wilders Eins, zwei, drei), doch auf der Bühne konnte er auch mit ernsthafteren Rollen wie etwa in Ferenc Molnárs Liliom (externer Link zu Wikipedia) oder Molières Tartuffe (externer Link zu Wikipedia) große Erfolge feiern.

Auch als Schriftsteller war er nicht untalentiert. Meine berühmten Freundinnen mag keine großen Einblicke in Hubert von Meyerincks eigenes Leben bringen und das, was auf den ersten Blick als leicht indiskrete Pikanterien daherkommt, war schon damals aus anderen Biographien und Illustrierten bekannt, doch mit Esprit, Witz und Zuneigung bringt er die Persönlichkeiten hinter großen Namen vergangener Tage noch einmal genauso zum Leben wie den damaligen Zeitgeist. Durch all das ist dieses reizende Büchlein die ideale Unterhaltung für die gepflegte Teestunde am Sonntagnachmittag.

Sonntag im Park

ParkSo ein herrlicher Sonntag! Erst Anfang März und so warm, dass man morgens um sechs schon in den kurzen Plünnen auf die Joggingpiste kann! Den Rest des Tages habe ich dann auch draußen verbracht, im Westpark ein paar hundert Meter weiter längs, einem echten Nachbarschaftstreffpunkt für jung und alt. Zwischen den Bäumen gespannte Slackline-Bänder, Badminton ohne Netz, Boulebahnen, und es gibt sogar eine Ecke, auf der Tanzfreunde jeglicher Couleur sich zum Tango Argentino treffen.

Und dann ist da noch der Biergarten Café Erdmann, eine echte Institution im Quartier. Hier ist man nie lange alleine. Auch heute nicht – schon nach ein paar Minuten saßen zwei Freunde bei meinem Mann und mir am Tisch. Bei Kaffee und Kaltgetränken plauderten wir über alles Mögliche; irgendwann erwähnten sie, dass Weiterlesen

To lösch or not to lösch…

… das ist hier die Frage! Für den letzten Tag vor dem Wochenende habe ich mir das Aufräumen diverser PC-Ordner auf die To Do-Liste gesetzt. Das Löschen von Doubletten war schnell erledigt, doch es haben sich auch zig Dateien angefunden, bei denen schon der Name mir Fragezeichen auf die Stirn geschrieben hat. (Memo an mich: kryptische Abkürzungen sind keine guten Dateinamen – nach vier und mehr Jahren weiß ich wirklich nicht mehr, was die mal bedeuten sollten). Also jede Text-Datei einzeln aufgemacht, kurz überflogen und mit Daumen rauf (behalten) oder Daumen runter (DELETE-Taste und weg damit) deren Schicksal besiegelt.

Bei diesem Überfliegen haben sich auch einige interessante Textfragmente wiedergefunden, wie etwa dieser hier:

Das Fahrgeräusch passt einfach nicht zu diesem Vehikel. Wenn man in einen ICE einsteigt, erwartet man beim Anfahren das Geräusch der Elektromotoren, die mit zunehmender Geschwindigkeit immer höher sirren als würden sie die Tonleiter üben. Doch der ICE-TD blubbert wie ein Nilpferd mit Flatulenzen nach übermäßigem Verzehr von Grünkohl – solange er am Bahnsteig steht. Bei voller Fahrt nagelt er wie ein altersschwacher Mercedes Strich-Achter, der sich gegen die Fahrt zum Schrottplatz wehrt.

Zwischen Lübeck und Ringsted gibt’s aber keine Oberleitung, also ist Diesel für die Züge nach København unverzichtbar.

Aber warum nehmen die dann nicht mehr die IC3 der DSB? Die haben immer so ruhig wie zufriedene Katzen geschnurrt. Der Diesel-ICE der DB hört sich an, als will er verzweifelt herausschreien „Ich bin eine Rangierlok im falschen Körper!“

Unbequemer als der IC3 ist der Diesel-ICE obendrein auch noch. Darum macht mir diese Zugfahrt auch gar keinen Spaß,  zum Glück dauert sie nur eine halbe Stunde, dann…

Keine Ahnung, warum ich ausgerechnet diesen abrupt endenden Teil meines Reisetagebuchs von 2011 über einen Trip von Hamburg nach Lübeck in eine eigene Datei ausgelagert habe, aber ich habe spontan eine neue Verwendung für diese eher gnadderigen Bemerkungen in meinem neuen Schreibprojekt gefunden. Höchstwahrscheinlich nicht komplett, aber das ein oder andere Einzelteil aus der Fülle an abstrusen Vergleichen dürfte sich hier und da gut einstreuen lassen.

Manchmal sind die ollen Kamellen ja doch noch zu was gut.

Sie haben Post!

Eigentlich hätte das Hollywooddrama der letzten Woche morgen mit einem gemütlichen DVD-Abend sein Happy End feiern sollen, aber da hätten sowohl die Royal British Mail als auch die deutsche Post besser mitspielen müssen. Das Päckchen mit dem Film A Big Hand for the Little Lady mit Joanne Woodward und Henry Fonda ist nämlich heute Vormittag schon zugestellt worden. Und wenn der glückliche Empfänger im Sternzeichen des ungeduldigen Stier geboren ist, wird das nix mit dem Warten.

Ergo bin ich von meinem Schreibtisch desertiert und habe den Film bei einem improvisierten Mittagessen aus Cornflakes und Roter Beete (Nein, ich bin nicht schwanger, es musste nur schnell gehen!) sofort geschaut. Dabei musste ich feststellen, dass meine Erinnerung an diesen Streifen, den ich zuletzt vor gut zwanzig Jahren gesehen habe, noch lückenhafter war als gedacht. Was in diesem Fall gut war – es hat richtig Spaß gemacht, den Film fast völlig neu zu entdecken und trotzdem wie vor zwei Dezennien zu dem Schluss zu kommen, dass ich ihn richtig toll finde!

Umwege

Folgender Satz lief mir am Wochenende über den Weg: „Anstatt dich zu fragen, wann dein nächster Urlaub ansteht, solltest du dir vielleicht ein Leben aufbauen, von dem du keine Auszeit brauchst.“

Spontan stimmte ich dem Satz des Squidoo-Gründers Seth Godin zu, doch je mehr ich über diese Worte nachdachte, desto weniger fühlte ich mich wohl mit ihnen.

Mal angenommen, man lebt das Leben, das keine Auszeit nötig hat – führt das nicht auf lange Sicht dazu, dass man sich so sehr an diesen Zustand gewöhnt, dass man bequem wird und unzufrieden, weil einem die Herausforderungen abhanden gekommen sind?

Nein, tut mir leid, Herr Godin, aber meine Zustimmung hat sich mehr oder weniger aufgelöst. Ich denke, auch das „Leben, das keine Auszeit braucht“ benötigt diese sehr wohl von Zeit zu Zeit, denn dadurch erhält man die Chance, neue spannende Erfahrungen zu machen, die einem ohne den einen oder anderen Umweg nie begegnen würden. Zudem lehrt es Dankbarkeit und Zufriedenheit mit dem, was man hat, wenn man zurückkehrt.

Darum auf in eine neue Woche mit neuen Erfahrungen und Umwegen!