Schall und Rauch

Nach einem Verwandten meiner Mutter wurde ich auf den klangvollen Namen Gerrit getauft. Gerrit mit Doppel-R, wohlgemerkt. Das ist Niederländisch und heißt schlichtweg Gerhard. Mehr als zwei Jahrzehnte habe ich mit diesem Namen relativ beschwerdefrei gelebt. Dann erschien die Schauspielerin Gerit Kling auf der Bildfläche. Gerit mit einem R, wohlgemerkt. Damit fing der Ärger an.

Ich weiß gar nicht mehr, wann ich den ersten Brief erhalten habe, der an Frau Gerrit Appel gerichtet war. Diesem ersten Brief folgten jedenfalls unzählige weitere. Das hat mich nicht weiter gestört, denn Namen sind Schall und Rauch, Papier ist geduldig, und gerade Werbung kann man so schön ungelesen in die Altpapiertonne werfen. Doch wenn man plötzlich als Betrüger dasteht, sieht das Ganze schon anders aus.

„Tut mir leid“, bedauert die Kassiererin beim Plünnenhöker (für die Nicht-Platten: Bekleidungsgeschäft), „aber den Beleg muss Ihre Frau selber unterschreiben.“ Sie hält mir meine Kreditkarte vor die Nase. „Das ist doch sicher der Name Ihrer Frau oder Freundin?“

Ich knalle meinen Personalausweis auf den Tresen. Die Kassiererin entschuldigt sich tausendmal, die Hose hätte ich aber im nachhinein doch am liebsten dagelassen.

Später am selben Tag in der S-Bahn: Ticketkontrolle. Ich zeige guten Gewissens mein personalisiertes Monatsticket vor.

„Würden Sie bitte mit uns an der nächsten Station aussteigen?“

Ich ahne, woher der Wind weht. Und richtig: „Sie wissen, dass es strafbar ist, personalisierte Tickets von anderen Personen zu benutzen?“

„Durchaus, aber ich habe mir nichts vorzuwerfen.“

Jetzt versucht der Uniformierte, mir ironisch zu kommen: „Ach so, dann hat Ihre Frau heute morgen nur die Tickets vertauscht. Oder heißt Ihre Mutter Gerrit?“

Langsam werde ich sauer. „Ich weiß nicht, wie meine Mutter heißt. Man fand mich in einem Bastkorb auf dem Nil treibend!“

Wütender erneuter Griff zum Ausweis. Nach einer lauwarmen Entschuldigung darf ich eine halbe Stunde im strömenden Regen auf die nächste Bahn warten. Am nächsten Tag habe ich eine mordsmäßige Erkältung.

Solche Ereignisse häuften sich, bis ich die Nase voll hatte und beim Standesamt eine Namensänderung beantragte. Killen wollte ich den Gerrit nicht, so böse war ich meiner Mutter wegen ihrer Namenswahl auch wieder nicht. Aber einen zweiten Vornamen wollte ich hinzunehmen. Einen ganz normalen, nichts Extravagantes. Die Wahl fiel auf Jan – das war simpel, eindeutig männlich und passte zum nordischen und niederländischen Gesamtflair meines Namens.

Dem Antrag wurde stattgegeben. Seit gut zehn Jahren heiße ich nun amtlich beurkundet Gerrit Jan Appel und bin damit recht gut gefahren. Bis ich heute die Post aus dem Kasten holte.

Adressat: Frau Gerrit Jan-Appel.

Anrede im Brief: Sehr geehrte Frau Jan-Appel.

Aaaaaaaaargh!