Ta-daaaaah!
Hier ist er also – jener Blogeintrag, der es in der Lesergunst ganz nach oben aufs Treppchen geschafft hat.
Es freut mich ganz besonders, ausgerechnet diesen Artikel noch einmal re-posten zu dürfen, denn es ist der einzige meiner kleinen plattdeutschen „Vertellens“, für den es keine hochdeutsche Übersetzung gibt und nie geben wird. Dass er trotzdem mehr Klicks als alle anderen bekommen hat, ist doch ein schönes Zeichen, dass Plattdeutsch doch irgendwie jeden anspricht und auch nicht ganz so schwer zu verstehen ist, wie allgemein angenommen wird.
An dieser Stelle noch einmal ganz herzlichen Dank fürs Lesen, Liken und Mitpüttschern. Am Montag lesen wir uns mit Neuem wieder, jetzt aber nochmal viel Freude mit:
Oma, ihr Garten und die letzte Buddel Rotwein
Original gepostet am 19. Dezember 2014
Niegentig Johr weer uns Oma hüüt worrn. Gebortsdag in’n Winter un so kort vör Wiehnachten… dat hett goar nich to ehr passt. Ober wann du born würst kunnst du di sölvs jo goar nich utsöken. Dat is sotoseggen vun dien Öllern „vorbestimmt“.
Eenich hätt Oma to ehr Levtieten dat so moken müsst as de engelsche „Queen“ ode de Beatrix vun Holland: Den richtigen Gebortsdag gor nicht fiern und sik dat doför an’n scheunen, feinen Dag ganz no ehrn Wunsch so richtig kommodig moken. Omas „Wunsch-Gebortsdag“ wär in’n Sommer allerbest wesen, jüst wenn dat Wetter warm un mit veel Sünn doher kamen weer und wenn alle buten in ehrn Gorten bi Kaffee un Koken hätten tosomen sitten kunn’n.
Denn ehr Gorten weer jümmers Omas ganzer Stolt wesen. Wat hett se sik dor för’n Müh mit geven! Ik meen, de richtig schweren Soken so as groben, Rasen mähen oder de olen Äste vun de Bäume afschnieden – dat hett se mien Vadder oder mien Söster oder mi moken loten. Ober den lütten Krom so as fegen, Samen vun de „Stinkblumen“ (as wi bi uns op’n Dörp to de Tagetes seggt) sammeln un ut de Knospen puhlen, Tannennadeln tosomenharken un op ’n Kompost bringen oder Unkraut plücken – dat hett se sik nich nehmen loten un bit to’n Schluss sölvs mookt.
Dat is nich vun alle Lüüd gern sehn worrn. „Nun lass das doch in deinem Alter!“ hett se oft to hörn kriggt. „Nachher passiert dabei noch was!“
Ik bün dann jümmers bannig füünsch worrn. „Loot ehr doch!“ heff ik mien Öllern un alle in Oma ehr Naverschaft anblafft. „Wenn Oma bi’t Unkraut zuppeln umkippt un nich mehr opsteiht, dann is dat wenigstens bi wat passeert, wat ehr jümmers Spoß mookt hett! Ist doch al beter as wenn se sik as so veele anner ole Lüüd in’n Sessel vor den dösigen Glotzkasten bis to’n Dood langwielt!“
Leicht wor dat ook nich för mi un ook nich för mien Mann wesen, denn wi hebbt uns Oma jo leev hebbt un wie hebbt uns bannig Sorgen um ehr mookt, ober uns wor ook klor: Ohne ehrn Garten weer Oma blots noch een halven Mensch wesen. Un dat wollt wi uns nich op dat Geweten loden.
Tscha, se is nich bi’t Unkraut zuppen umfallt. In Sommer von 2010 sünn ehr Kräfte lütt bi lütt weniger worrn. Op een Friedag in’n August heff ik noch mit ehr telefoneert. Se hörte sik ’n büschen wat mööd an, ober ansonsten bi goote Dingens. Sonnobends is se dann in dat Huus, woneem se binoh ehr ganzet Leven wohnt hett, op eenmol tosomensackt un is vun’n Notarztwogen afhoolt worden. Ehr Naversche hett hinnerher seggt: „As se ehr so op de Bahre forttrogen hebbt, hett se ganz sinnig und suutje op ehr Huus kiekt, as of se Afscheed nehmen wullt.“
Ik glööv, dat is ook jüst so wesen, un ik frei mi so, dat ehr letzter Blick op dat Huus an’n feinen Sommerdog wesen is un nich in’t Grau un Gries vun’n Winter.
Op’n Dienstag dorno is se doot bleven. Ik kunn da keen Eid för opleggen, ober ik bin mi ganz seker, dat se irgendwie hört hett, as de Dokters mit mien Öllern beschnackt harrn wat mit ehr in Tokunft sien schall: „Wir kriegen das nochmal hin, aber nach Hause kann sie nicht mehr zurück. Jetzt müssen wir über die Unterbringung in einem Seniorenheim nachdenken.“
No över achtig Johrn in ehr Öllernhuus in so’n Institutschoon mit nix as fremde Lüüd um ehr rum? Nee, dat hett se nich wullt, un darum is se leever över düsse berühmte „Brücke des Regenbogens“ gangen, um wedder bi all de Frünnen un Verwandten to sien mit den se tosomen jung weesen is.
Ehrn letzten Slopplatz hett se in’n wunnerschöne Urne funnen. Een Strand wor dorop to sehn, vun een Aquarell „reproduziert“ un soh jüst so ut as de Strand vun Dahme an de Ostsee, wo se jümmers so bannig gern hinfohrn is. Ik glööv, dat hett se goot lieden mucht.
Dat Huus von Oma is verköppt worrn. För mien Öllern weer dat nix, wiel mien Mudder mit ehr mallige Beenen die steilen Treppen no boben to de Slopkomers nich gohn kunnt. Für mien Söster un ehr Familie weer dat to lütt, und ik sölvs leev mit mien Mann in’n ganz anner Stadt.
De Gorten is dorum nu de Gorten vun anner Lüüd, ober ’n Stück vun Omas olen Gorten gifft dat trotzdem noch. Ik heff mi ’n Handvull Erde vun mien Lieblingsplatz bi den olen Fischtümpel mitnomen as ik das Huus en allerletztet Mol besökt heff, und dat heff ik mi in’n scheunet Glas mit Deckel gepackt, dat nu op mien Schrievtisch steht, so dat ik mit das jümmers ankieken un mi dorbi op all de scheuen Tieten in Oma ehr Garten besinnen kunn.
Noher mook ik mi dat mit mien Mann ’n büschen kommodig in uns Döns. Dann stell ik das Glas mit de Erde op den Tisch, mook ’n Kerze an un dann trinkt wi ’n lütten Sluck vun de letzte Buddel Rotwien ut Omas Keller. Den hebbt wi nämlich för ’n besünnern Dog opbewahrt, un wenn Omas niegentigster Gebortstag dat nich is, denn weet ik dat ook nich beter!
Das waren also die 10 Wortpüttschereien, die nach Zahl der Aufrufe durch Leser die beliebtesten sind. Ich hoffe, der kleine Rückblick hat Spaß gemacht.
Am kommenden Montag gibt’s dann wieder neuen Lesestoff. Schönes Wochenende!