Pfuhl der Sünde und des Lasters

Der Baumarkt – die Aufreißmeile schlechthin. Zumindest behaupten einige Gays das, weil man angeblich nirgendwo sonst so schön in scheinbarer Unschuld eindeutig zweideutig sein kann.

Riemen, Hammer, Hobel, Balken, Rohr…

In der Tat, schon die gängigsten Bezeichnungen dort strotzen nur so vor double entendre, wobei Do It Yourself wohl eher nicht das sein dürfte, was die pirschenden Jäger sich erhoffen.

Nun stehen mein Mann und ich dem Aufreißmarkt schon seit Jahren nicht mehr zur Verfügung, weshalb wir den Baumarkt wirklich nur für das nutzen, wofür er gedacht ist: Um dort das notwendige Arbeitsgerät zu besorgen, wenn mal wieder ein Lampenkabel zu tauschen, ein Blumenkübel zu beschaffen oder ein Zimmer zu streichen ist.

Als eher den Künsten zugetaner Mensch mit einer überfüllten Bibliothek fühle ich mich dort nicht wirklich wohl – im Gegensatz zu meinem Mann, der sich über einen Besuch im Baumarkt genau freut wie Kinder über die Spielwarenabteilung im Kaufhaus. So ähnlich spielt sich dann auch der Einkauf ab: „Oh, super – die haben Seitenschneider im Angebot“ – „Na, und? Wir haben zuhause doch schon fünf davon auf drei Werkzeugkisten verteilt.“ – „Egal, Seitenschneider kann man immer gebrauchen.“

Will mir nicht ganz in den Kopf, wieso – wenn ich mir die Exemplare zwei, drei, vier und fünf von Dracula zulege, steht in denen doch auch nix anderes drin als im ersten. Aber wenigstens schmeißt mein Mann sich nicht schreiend und strampelnd auf den Fußboden, wenn wir Sinn und Unsinn dieser Anschaffung ausdiskutieren. „Brauchen wir nicht viel dringender eine neue Kneifzange?“ – „Schon, aber die sind ja nicht im Angebot.“

Geht das eigentlich nur bei mir so zu, oder ist das die generelle Logik von Heimwerkern?

Aber ich schweife ab. Neulich musste ich ausnahmsweise ganz alleine in den Baumarkt, weil mein Mann bekanntlich indisponiert war. Ein Stuhl war zu reparieren, und dafür brauchte ich Holznägel, die – wie ich überrascht feststellen musste – nicht aus Holz sind, sondern für die Verarbeitung in selbigem.

Wenn diese Tempel zur Huldigung des Heiligen Sägfried (oder wer immer der Schutzpatron der Heimwerker sein mag) wirklich die Brutstätten geballter Männererotik sein sollen, muss ich entweder mit Blindheit gestraft oder im falschen Baumarkt gewesen sein, denn als ich durch die automatischen Schiebetüren trat, fiel mir auf Anhieb kein Ort ein, der auf mich unerotischer wirkte. Allein schon wegen der am meisten anzutreffenden modischen Création „verwaschene zu kleine Latzhose mit Löchern zu fleckigem Holzfällerhemd über zu großem Bauch“.

Die Behauptung, man finde in Baumärkten kein auskunftsbereites fachkundiges Personal, muss ich als böses Gerücht zurückweisen. In der passenden Abteilung fand ich nicht nur jemanden, dieser Jemand zeigte sich meinem völlig konfus vorgetragenen Ansinnen, was ich überhaupt zu kaufen gedachte, auch völlig gewachsen. Er hatte scheinbar öfter mit absoluten Handwerker-Volldummies zu tun.

Der Einheitslook von Baumarktmitarbeitern ist übrigens auch nicht wirklich etwas, von dem man behaupten würde „Das trägt man jetzt in Paris“, aber er lässt eine eventuell beim Träger vorhandene Attraktivität im Gegensatz zum weiter oben genannten Outfit nicht völlig verschwinden. Er macht sie eher zu etwas, das man entdecken muss. Und das kann durchaus von Erfolg gekrönt sein…

Wie dem auch sei, der ausnehmend gut aussehende hilfsbereite Geist ahnte offenbar, dass ich einer von jenen bin, die es nicht nur schaffen, mittels Nagel eine schadhafte Stuhllehne wieder zusammenzutackern, sondern nebenbei ihre eigenen Finger nur noch per Zange lösbar ebenfalls mit dem Holz zu verbinden. Also bot er mir selbstlos eine merkwürdige Apparatur aus Metall an, die entfernte Ähnlichkeit mit einer medizinischen Spritze hatte. Damit sollte es möglich sein, Nägel aller Art ohne Verletzungsgefahr an der richtigen Stelle anzubringen. Typische Verkaufsgeste des angedeuteten Überreichens, begleitet von einem gewinnenden Lächeln.

Da passierte es.

„Und wo muss ich das reinstecken, wenn ich richtig nageln will?“

Autsch.