Fünf etwas andere Tips für den Hamburg Trip

Nun ist der Januar schon fast halb rum – es dauert gar nicht mehr lange, dann beginnt wieder die Hochsaison für Städtereisen. Das merke ich vor allem daran, dass sich im Freundeskreis die Gespräche mehren, die mit der Einleitung „Du kennst dich doch in Hamburg so gut aus“ beginnen und mit der Bitte um entsprechende Empfehlungen enden.

Mit den üblichen Verdächtigen wie dem so oft besungenen Reeperbahnbummel in lauschiger Nacht oder dem Fischmarktbesuch brauche ich natürlich nicht um die Ecke zu kommen, die finden sich in jedem Stadtführer für drei fünfzig vom Ramschtisch im Supermarkt. Etwas, das nicht unbedingt diesen Massenprogrammen vertreten ist, soll es sein. Tscha, denn men to:

 

1. Hochbahnstation Beimoor

Auf den Fahrplänen der Hamburger Hochbahn sucht man diese Station vergebens, doch könnte man sie finden, wäre sie die die Endstation der U1, und zwar des Nordost-Astes, der in Volksdorf beginnt (der Nordwest-Ast führt von hier aus nach Ohlstedt) und an der Station Großhansdorf endet, die bereits in Schleswig-Holstein liegt. Hinter Großhansdorf sollte es ursprünglich noch eine Station weiter gehen, eben bis Beimoor, wo eine, wie man sie früher noch nannte, „Irrenanstalt“ mit entsprechender Infrastruktur entstehen sollte. 1918 war die Station Beimoor fast fertiggestellt: Die Gleise lagen, Bahnsteige waren angelegt, es gab ein voll ausgebautes Stationsgebäude – nur die Stromschienen zum Antrieb der Züge fehlten noch. Doch in den Nachwirren des Ersten Weltkriegs blieb die neue „Irrenanstalt“ nur eine unausgeführte Idee, und in Hamburg selber wurde Baumaterial gegen die Kriegsschäden gebraucht. Deshalb wurde die Station Beimoor wieder zurückgebaut ohne dass sie je in Betrieb gegangen wäre. Über die nächsten Jahrzehnte holte sich die Natur das zurück, was man ihr zuvor abgetrotzt hatte. Heute sind die Bahnsteige verfallen, und das ehemalige (in den Bahndamm hinein gebaute) Stationsgebäude ist zugemauert worden – nur noch eine kleine Öffnung ermöglicht Fledermäusen, in die für sie angelegte Schutzhöhle zu gelangen. Beimoor ist heute ein besuchbares Naturschutzgebiet mit einer vielfältigen Flora und Fauna und ein spannendes Ziel für Fotografen, die sich gerne Lost Places widmen.

Von der Station Jungfernstieg aus sind es mit der U1 gut fünfzig Minuten bis zur Endstelle Großhansdorf. Die optisch kurzweilige Strecke verläuft vom Startpunkt aus für zehn Stationen unterirdisch u. a. unter den Stadtteilen Hohenfelde und Dulsberg (siehe auch weiter unten) hindurch. Mit einem Tagesticket des HVV sind Unterbrechungen der Fahrt an jeder Station möglich. Im Innenstadtbereich gibt es im Takt von 5 Minuten bzw. in den Außenbezirken im Takt von zehn Minuten die Möglichkeit, weiterzufahren. Diese Unterbrechungen lohnen sich durchaus, da sich hier einige spannende Beispiele Hamburger Verkehrsarchitektur finden, z. B. die Station Lübecker Straße.

Ab der Station Wandsbek-Gartenstadt geht es überirdisch durch die Stadtteile Farmsen, Berne und Volksdorf und mit zwei Halten in Ahrensburg schließlich durch die ersten Ausläufer von Schleswig-Holstein, wobei sie optisch einen interessanten Kontrast zwischen großstädtisch und ländlich bietet. Von der Station Großhansdorf aus sind es dann noch einmal gut 10 Minuten Fußweg bis zur Anlage der alten Station Beimoor.

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2. Rundfahrt mit der U3

Rund vierzig Minuten dauert eine Fahrt über die Ringstrecke der U3, die quasi einmal um den Stadtkern Hamburgs herumführt. Von den sechsundzwanzig Stationen liegen nur neun im Tunnel, der Rest der Strecke verläuft oberirdisch und zumeist auf Viadukten, was nicht nur den Namen Hochbahn erklärt, sondern auch einen Ausblick auf die wichtigsten der inneren Stadtteile Hamburgs ermöglicht: Von hanseatischer Gediegenheit in Eppendorf über die grüne Lunge rund um den Stadtpark bis zu den alten Arbeitervierteln von Barmbek bis zum Hafenpanorama ist alles dabei.

Der Vorteil dieser Stadtrundfahrt gegenüber geführten Touren ist die Individualität, die sie bietet. Mit einem Tagesticket für den Hamburger Verkehrsverbund (HVV) kann man die Reise beliebig oft unterbrechen und sich die Umgebung der jeweiligen Stationen auf eigene Faust genauer anschauen. Der Fünf-Minuten-Takt ermöglicht eine schnelle Weiterfahrt.

Zusatztip eins: Mit der U1 zunächst bis zur Station Wandsbek-Gartenstadt fahren und dort per Umsteigen die U3-Tour beginnen. Von hier aus geht es über die Station Habichtstraße bis nach Barmbek, von hier aus folgt die U3 dann dem Ring im Uhrzeigersinn.

Zusatztip zwei: Auf der Webseite des Hamburger Verkehrsverbunds (HVV) gibt es einen Audioguide im mp3-Format zum Gratisdownload. Die HVV-Tour folgt allerdings dem Ring gegen den Uhrzeigersinn von Barmbek bis Barmbek und lässt den Ast Barmbek – Habichtstraße – Wandsbek-Gartenstadt aus.

 

3. Hafen am Morgen

Zugegeben, das Ziel an sich ist nicht unbedingt originell. Der Trick ist die Uhrzeit: Man sollte mal morgens dann unterwegs sein, wenn die meisten Touristen noch schlafen – nämlich gegen sechs Uhr. Die Strahlen der Sonne brechen sich in der leichten Dünung des Wassers. Barkassen, Yachten und Ausflugsdampfer dümpeln vor sich hin, wie aneinander gekuschelt liegen sie an ihren Piers im Schatten der Cap San Diego: Der „weiße Schwan des Südatlantik“ wacht über seine Küken.

Am anderen Elbufer bei Blohm + Voss heulen Kräne auf, Schiffsteile werden mit lautem „Klong!“ abgesetzt, Kommandos werden gerufen, in der Luft liegt ein Gemisch aus Schiffsdiesel, Elbbrise und Möwengeschrei.

Auch die Landungsbrücken sind zu dieser frühen Stunde eine regelrechte Subkultur gegenüber dem, was sich tagsüber tut. Die Hafenfähren werden noch nicht von Touristen als preisgünstigere Alternative zur Hafenrundfahrt hauptsächlich von Touristen genutzt, sondern als das, wofür sie eigentlich gedacht sind: Als schwimmendes Nahverkehrsmittel für Berufspendler. Das Personal der Cafés und Shops bereitet das Tagesgeschäft vor: Tische werden gedeckt, man rollt die Ständer mit Ansichtskarten, Taschen und Souvenirs nach draußen. Der Helgoland-Katamaran wartet auf die Reisenden. Die ersten Ausflugsdampfer sind von ihrem Nachtquartier zurückgekehrt. Decks werden mit dem Wasserschlauch abgespritzt, Bordvorräte aufgefüllt, Polster auf die Sitzbänke gelegt, das Wechselgeld in der Kasse gezählt. Das gedämpfte Blubbern der Motoren klingt wie ein gemütlicher Hummelschwarm. Zwischendurch hält man inne, klönschnackt ein paar Minuten miteinander, raucht dabei eine Zigarette, trinkt Kaffee, lässt es ruhig angehen.

Erst, wenn irgendwann nach neun die ersten Touristen kommen konzentriert sich jeder auf seinen Job, ruft sich nur die über Jahre zum Automatismus gewordenen flotten Sprüche zu, die die Touris hören wollen. Erst heute Abend, wenn es leerer und stiller wird, ändert sich die Stimmung wieder…

 

4. Dulsberg

Dulsberg (erreichbar mit Zügen der U1 in Richtung Wandsbek Gartenstadt, Farmsen, Volksdorf, Ohlstedt, Großhansdorf – Ausstieg an der Station Straßburger Straße) gilt als einer der schönsten Stadtteile, denen Hamburgs bekanntester Stadtplaner und Baumeister Fritz Schumacher mit seiner Architektur ein Gesicht gegeben hat. Viele Grünanlagen und von Rotklinkerbauten geprägte Straßenzüge prägen das Gebiet um die Frohbotschaftskirche am Straßburger Platz. Besonders interessant anzuschauen sind die Laubenganghäuser mit ihren rundfassadengeprägten Stirnseiten an der Oberschlesischen Straße.

 

5. Hafenfähre Linie 73 (Reiherstieglinie)

Die meisten Reiseführer empfehlen die Linie 62 Landungsbrücken – Finkenwerder und zurück als Alternative zu den Hafenrundfahrten, weil man hier sowohl den Hafen mit den modernen Containerterminals als auch die Elbvororte mit ihren gediegenen Villen auf perfekt gelegenen Ufergrundstücken sieht. Wer jedoch mehr vom Hafen sehen möchte, nimmt die 73. Nach dem Ablegen von den Landungsbrücken geht es zuerst zum Anleger der beiden Musicaltheater im Hafen, doch dann geht es den Reiherstieg genannten Nebenarm der Norderelbe hinunter vorbei an Werften, Kaianlagen, an denen noch Stück- und Schüttgut verschifft wird, und an der großen Kupferaffinerie auf der Elbinsel Veddel. Beim Endpunkt am Anleger Ernst-August-Schleuse kann man entweder von Bord gehen und sich den gerade im Wandel befindlichen Stadtteil Wilhelmsburg anschauen, oder man bleibt an Bord und fährt gleich wieder zurück. Fahrtzeit je Richtung ca. 15 Minuten, Liegezeit an der Ernst-August-Schleuse ca. 5 Minuten.

 

Ob diese fünf Tips wirklich nicht in Reiseführern zu finden sind, weiß ich nicht – es sind jedenfalls jene, auf welche bisher immer die positivsten Rückmeldungen aus meinem Bekanntenkreis gekommen sind. Viel Spaß beim Nachprüfen!