Sommertraum

Moin!

Am letzten Freitag gab’s mal wieder einen Artikel op Platt – heute ist die hochdeutsche Übersetzung dran. Viel Spaß!


Es gibt Momente im Leben, die irgendwie magisch sind. Da kommt ein flüchtiger Duft zum Fenster rein, und auf einmal sitzt du zwar immer noch in deinem grauen Büro, aber du fühlst dich wie an einem ganz bestimmten Sommertag bei einem schönen Stück Erdbeertorte und einer feinen Tasse Kaffee im kleinen Garten deiner Tante Selma. Das ist vielleicht schon dreißig Jahre her, aber du hast diesen Tag nie vergessen, weil er etwas ganz Besonderes gewesen ist. Dein Lieblingsonkel hat dir eine Überraschung mitgebracht oder so etwas. Und in diesem einen magischen Moment geht dir das so gut wie lange nicht mehr.

So etwas habe ich gerade erst wieder erlebt. Und das ist nicht bloß ein magischer Moment gewesen, sondern gleich eine ganze magische Woche!

Vorletzten Donnerstag ist ja passend zum langen Wochenende der echte Frühling ins Land gekommen – das Thermometer hat bei uns gleich am ersten Tag mehr als 22° angezeigt. Diese Gelegenheit habe ich sofort genutzt. Meinen Lieblingssessel raus auf den Balkon gestellt, ’ne große Kanne Kaffee auf den Tisch und natürlich ein oder zwei gute Bücher dazu.

(Das ist einer der großen Nachteile bei so gutem Wetter am langen Wochenende: In vier Tagen habe ich mich durch mehr Bücher gefräst als sonst in vier Wochen, und das Fach in meinem Bücherschrank mit den Noch zu lesen-Büchern ist rasch leerer geworden, aber das nur nebenbei.)

Und als ich so da sitze, riecht das auf einmal. Ich kann gar nicht sagen, nach was, aber auf einmal habe ich nicht mehr auf unserem Balkon mitten im Pott gesessen. Nun war es ein Morgen in unserer alten Ferienwohnung an der Ostsee, und ich habe genau gewusst: Gleich kommt Oma mit frischen Brötchen von Uwe (dem Inhaber des kleinen Lebensmittelladens drei Häuser weiter längs) um die Ecke. Dabei ist Oma seit fast sechs Jahren nicht mehr bei uns…

Ihr kennt das bestimmt auch – da, wo du Urlaub machst herrscht eine ganz andere Atmosphäre. Ich meine, du bist nicht bloß entspannt, weil du aus deinem üblichen Alltag raus bist. „In der Ferne leuchten andere Sterne“, habe ich mal gelesen, und das Stimmt. Und nicht nur die Sterne sind anders – nee, der ganze Himmel kommt einem irgendwie höher vor, sein Blau ist viel blauer, die Luft ist weicher, selbst die Geräusche sind ganz anders und so weiter. Ist ja auch normal – an der Ostsee ist es anders als in der Toskana, Berlin oder eben im Pott. Es ist sogar anders als in Hamburg.

Genau so ist das nicht bloß im ersten Moment auf meinem Balkon gewesen. Nee, das hat während der ganzen Zeit mit diesem schönen Wetter angehalten. Ein Windhauch hat mich gestreift – zack! – habe ich mit meiner Schwester auf dem Minigolfplatz von Frau Krüper gestanden. Ich habe eine Fahrradkette schnarren gehört und bin überzeugt gewesen, dass Frau Bruhn gekommen ist, um uns neue Trockentücher für die Küche zu bringen.

Die ganze Woche über ist jeden Tag etwas passiert, das mich an die Jahre in unserer Ferienwohnung an der Ostsee erinnert hat. Sogar heute noch, als ich zum Joggen gegangen bin. Wie Wetterfrösche im Glotzkasten haben ja gesagt, dass es nun erstmal vorbei sein soll mit dem guten Wetter. Darum ist das für mich gar kein Wunder gewesen, als dich heute der ganze Morgen angefühlt hat wie der Tag damals, wenn wir unseren ganzen Kram gepackt haben und von der Ostsee wieder nach Hause gefahren sind. Alles ist irgendwie leiser gewesen, die Vögel haben weniger gesungen, die Möwen haben weniger geschrien, die Wellen der Ostsee sind viel sachter an den Strand gerollt und so weiter – grad so als ob sie mir sagen wollten: „Wir wollen dir das nicht auch noch so unter die Nase reiben, dass du uns nun verlassen musst.“ Das ist traurig gewesen, aber trotzdem auch schon, denn ich habe ja gewusst: Ich komme wieder!

Genau so hat sich das vorhin auch angefühlt.

Ist das nun meine blühende Phantasie gewesen, oder hat meine „Psyche“ mir bloß einen Streich gespielt, weil Petrus das endlich mal gut mit uns gemeint hat? Weiß ich nicht. Will ich auch gar nicht wissen.

Das Leben ist ein Tanzparkett. Wenn du was hörst, das dir gefällt, dann denk nicht drüber nach. Tanz einfach.