Es ist serviert!

1. Juli!

Ein neuer Monat bedeutet für die meisten in allererster Linie zunächst einmal: Zahltag. An den Bankautomaten und Geldschaltern wird’s heute richtig voll. Bringt Zeit mit dorthin!

Für mich persönlich zählt heute etwas ganz anderes: Mein neuer Roman Rat mal, wer das Essen kocht ist ab sofort erhältlich – endlich, möchte ich sagen, denn von der Idee über die ersten zaghaften Handlungsskizzen und das Tippen des Manuskripts nebst Korrekturen bis zur heutigen Veröffentlichung war es ein Weg von über zwei Jahren.

Um eins gleich vorweg zu klären: Nein, ich habe zu keiner Zeit meines Lebens die Brötchen und die Butter dazu als freischaffender Haushälter verdient. Zwar habe ich es zu einigem Geschick in dieser Disziplin gebracht, aber um es damit auch in professioneller Hinsicht zu etwas zu bringen, habe ich doch ein bisschen zu sehr „den Blick für das Weite“.

Die Frage, ob ich Begebenheiten aus meinem eigenen Leben in meine Manuskripte einfließen lasse, kommt nämlich öfter, und sie lässt sich durchaus mit „Ja“ beantworten. Es ist allerdings die ebenfalls in Rat mal, wer das Essen kocht zu findende Vorgeschichte, wie Kristen (eine der Hauptfiguren) zu seinem Job als freelancender Haushälter geraten ist, bei der ich aus einen Schatz eigener Erlebnisse zurückgreifen konnte. Was wieder einmal zeigt: Das Leben selbst schreibt immer noch die besten Komödien.

Das gilt auch für die kleinen Haushaltskatastrophen, die der zweite „Held“ Reinhold in seinem schmucken Haus in Hamburgs Nobelvorort Blankenese anrichtet. Auch das beruht zum Teil auf eigenen Erfahrungen, wobei ich mich hüten werde hier kundzutun, welche Anekdote erstunken und erlogen und welche davon mir wirklich passiert ist…

Der 1. Juli als Veröffentlichungstag ist kein Zufall. Als ich mit der Schreiberei anfing, stand ich vor einer Entscheidung (Oder vor zweien? Das ist immer noch nicht abschließend geklärt): Sollte ich schwule Charaktere nehmen? Dann hätte es Leute gegeben, die deswegen genörgelt hätten. „Der kann nur schwul“ – in dieser Richtung etwa. Hätte ich das in Romanhandlungen immer noch vorrangig handelsübliche Paar aus Mann & Frau genommen, wäre deswegen genörgelt worden: „Der traut sich nicht.“

Wie man’s macht, macht man’s ohnehin verkehrt, also habe ich diese Überlegung letztlich komplett ignoriert und das geschrieben, womit ich mich am meisten wohlfühlte, nämlich mit schwulen Hauptfiguren. Ganz ohne Gedanken, welche Außenwirkung diese haben.

Das heißt – so ganz stimmt das auch nicht. Auf eine Sache habe ich sehr wohl größten Wert gelegt: Es sollte witzig und humorvoll sein. Als Leser habe viele Bücher mit schwulen Protagonisten oft entnervt nach der Hälfte weggelegt. Entweder waren sie nur fadenscheinig bis gar nicht kaschierte Pornographie oder sie waren so unendlich trist, das man selbst Gefahr lief, zum Dauerpatienten von Antidepressiva zu werden. Mal ging es um eine verbotene Liebe, mal war die Hauptfigur nicht nur gay im Sinn von schwul, sondern auch von heiter, konnte dies aber natürlich nicht ausleben, weil sie tödlich erkrankt war und im letzten Kapitel den weisen Rat „vergesst das Leben nicht“ an ihre Freunde gehustet hat, bevor sie beim Sterben zu Tode gekommen ist. Das sollte es bei mir nicht geben.

Meine Figuren sollten durchaus ihre Konflikte haben, denn ohne Konflikte keine Story. Sie sollten sie aber bitteschön so durchleben, dass die Leser über und mit ihnen lachen konnten.

Wie dem auch sei – nachdem tatsächlich ein Verlag gefunden war, wurden die Veröffentlichungstermine für alle Bücher immer so geplant, dass sie zu den für alle Genres marktwichtigen Zeiten wie den Buchmessen in Frankfurt und Leipzig, dem Weihnachtsgeschäft oder der Urlaubszeit passten. Mein kleiner Ausflug in ein anderes Genre kam passend zu Halloween auf den Markt.

Mit Rat mal, wer das Essen kocht zum 1. Juli 2016 hat es aber eine andere Bewandtnis. In diesem Monat erreicht die Saison für die alljährlichen Veranstaltungen zum Christopher Street Day (CSD) traditionell – und an diesem Wochenende besonders in Köln – ihren Höhepunkt.

Wir erinnern uns: Ende Juni 1969 reichte es den Männern und Frauen der LGBT-Community in New Yorks Greenwich Village und ausgehend von den Drag Queens und Transsexuellen in der Bar Stonewall in der Christopher Street erhoben sie sich erstmals laut und weltweit unüberhörbar zum Aufstand gegen Polizeibrutalität sowie andere Formen der Diskriminierung. Seitdem finden alljährlich Gedenkveranstaltungen statt und bilden den Höhepunkt der alljährlichen Aktivitäten in dem Bestreben um gesellschaftliche und gesetzliche Anerkennung ebenso wie Gleichstellung.

Über die Ausgestaltung der CSD und anderer Gay Pride-Veranstaltungen mag man geteilter Meinung sein. Doch ganz egal, ob ihre Gewichtung mehr zur Party oder zur politischen Demonstration neigt – in Zeiten, in denen nicht nur in einigen Ländern wieder verstärkt gegen LGBT gerichtete Gesetze erlassen werden, sondern uns auch auf der Straße wieder ein kälterer Wind entgegenschlägt, sind sie wichtiger denn je. Jede Stimme ist wichtig, auf dem politischen Parkett ebenso wie in der Gesellschaft.

In den vergangenen Wochen und Monaten habe ich mit zunehmender Besorgnis verfolgt, was derzeit in der Welt und besonders in unserem kleinen Land abgeht. Es löste auch eine Furcht aus – nämlich das meine Bücher – oder auch diese Webseite – vielleicht einmal in diesem Land illegal sein könnten, einfach weil in ihnen die Homosexualität als das dargestellt wird, was sie ist: Etwas völlig Normales.

Dieses Furcht wurde jedoch verdrängt von der Entschlossenheit, auf gar keinen Fall die Klappe zu halten, sondern sie weiterhin aufzureißen. JETZT ERST RECHT!!!

Es ist mir ein Anliegen, den Lesern gute Unterhaltung mit Rat mal, wer das Essen kocht zu wünschen. Denn das ist dieses Buch: Unterhaltung – oder wie ich immer sage, ein „Doris-Day-Film zum Lesen in schwul“.

Es hat aber auch eine schwule Stimme, und die soll ganz bewusst hörbar sein, indem sie sich in den lauten Chor der Stimmen zur alljährlichen Gay Pride einreiht.