Alles klar!

Einmal „der Chef von’s Ganze“ sein. Einmal die ganze Welt nach der eigenen Pfeife tanzen lassen. Einmal alle Geschicke so lenken, wie es einem am besten passt.

Geht. Hab‘ ich letzte Nacht nämlich gemacht. Zwar nur im Traum, aber hey – es war immerhin ein Klartraum.

Laut Wikipedia ist ein Klartraum ein Traum, bei dem man sich völlig bewusst ist, zu träumen. Je nach Ausprägung kann  man sich einfach vom Geschehen überraschen lassen, man kann bisweilen aktiv in sie eingreifen und wenn’s ganz dolle kommt, wird der Traum sogar so real, dass man beim Aufwachen erstmal völlig durcheinander ist, weil man gerade überhaupt keinen Plan hat, ob man immer noch träumt. Angeblich kann man sogar lernen, Klarträume herbeizuführen und sie zu steuern, aber ich weiß nicht, ob das wirklich so erstrebenswert ist. Das soll ja nicht in Arbeit ausarten.

Mein Klartraum letzte Nacht war von der zweiten Kategorie – ich konnte wie ein Regisseur die Handlung genau so beeinflussen wie die Personen. Als Bühnenbildner konnte ich mich auch versuchen – ein enges Badezimmer in diesem scheußlichen Wasserleichengrün der 80er habe ich scheinbar nur per Gedanken und Wimpernschlag in eine skandinavisch-helle Wellnessoase mit Sauna und Riesenjaccuzzi verwandelt. Ein Touch von Bezaubernde Jeannie Bezaubernder Jean.

Aber was ist schon eine Blubberbadewanne gegen das Große, was ich vollbracht habe! Es fing bei einem gemütlichen Abend mit guten Freunden an. Dabei schlug irgendjemand vor, wir könnten doch mal eine Gartenparty machen. Große Begeisterung. Aber dann soll es auch was Besonderes werden. Richtig groß, am besten mit Liveband. Nur wen nimmt man? Ich höre mich ABBA vorschlagen. Protest: Die machen doch eh nix mehr, die haben ja sogar ein Milliardenangebot ausgeschlagen. Ich bleibe dabei: Wir laden ABBA ein, ich mache das schon, ich kenne die vier ja persönlich. Gesagt, getan. Vierzehn Tage später findet die Gartenparty statt. Mit einem Auftritt von ABBA. Bei uns im Garten. Auf einem Areal, das höchstens 70 m² groß ist. Aber als Tausendsassa habe ich es natürlich geschafft, auch die umliegenden Gärten zu annektieren, und so kamen meine Freunde und ich in den Genuss eines Privatkonzerts der vier aus Schweden. Das haben sie aus purer Gefälligkeit für mich getan.

Die ganze Zeit über war ich mir völlig im Klaren darüber, dass ich nur träume, doch ich habe nach Herzenslust schalten und walten können. Es wurden nur meine Lieblingslieder gesungen: The Winner takes it all – Conociendome, conociendote – The Piper – Al andar – Eagle. Die quasi per „Automatikausfüllen“ von der für Träume zuständigen Ecke meines Bregenkastens hinzugefügten Gäste, die mir nicht so zusagten, habe ich eiskalt durch Wunschgäste ersetzt. Dame Maggie Smith als Ehrengast. Marcus Brigstocke als witzigen Gesprächspartner. Und ’n paar hübsche Kerls einfach nur als „was fürs Auge“: Ewan McGregor, Alexander Skarsgård, Gerard Butler, Hugh Jackman, Richard Bacon… Kost‘ ja nix!

Aber dann wurde es komisch. Denn statt mich frenetisch dafür zu feiern, dass ich es geschafft habe, diese besondere Reunion herbeizuführen, redete die Weltpresse nur davon, dass einem der Gäste sein  Toupet in den mit Happy Seife gefüllten Swimming Pool gefallen ist und ich völlig zusammenhanglos „Mein Name ist Beverly Boyer und ich bin ein Schwein“ gebrabbelt habe. Das hatte ich garantiert nicht im Sinn – wer hat mir da die Kontrolle entrissen?!

Vielleicht sollte ich das mit dem Klartraum doch mal ein bisschen üben.

 

 


Hinweis: Die Titelgraphik dieses Beitrags stammt aus dem Pool frei verwendbarer Bilder von Pixabay und befindet sich unter dem Vermerk CC0 der Creative Commons in der Public Domain.