In der hintersten Ecke unseres Schlafzimmers steht seit Jahren eine Kiste mit Schallplatten. Die stammt noch aus der Zeit, als ich noch aktiv gesammelt habe. In dieser Kiste landeten vorrangig die Dinge, die ich für meine Sammlung nicht wirklich gebrauchen konnte, weil ich sie entweder schon hatte oder nicht zu meinen Sammelvorlieben passten. Aber es war immer gut, einen gewissen Vorrat zu haben, den man dann wie deroeinst in der Grundschule die Panini-Bildchen tauschen konnte.
Der Nachschub für diese Kiste kam hauptsächlich aus dem Freundeskreis oder der eigenen Familie, meist von Menschen, die ein oder zwei Generationen älter als ich waren und „den alten Krempel jetzt endlich mal loswerden“ wollten.
Nun habe ich mir neulich nach langer Pause mal wieder etwas Vinyl gekauft, aber die Zeit der großen Sammelleidenschaft ist wirklich vorbei. Das bedeutete für die Tauschkiste, dass ich „den alten Krempel jetzt endlich mal loswerden“ will. Natürlich nicht, ohne vorher den Inhalt noch einmal auf einen eventuell bislang übersehenen Schatz zu überprüfen.
Den erhofften Schatz habe ich nicht gehoben – aber eine Beobachtung gemacht: Ich habe 5x Heißer Sand von Mina gefunden, 4x Schuld war nur der Bossa Nova von Manuela, sogar 7x Seemann, deine Heimat ist das Meer von Lolita, dafür nur 3x die Schiwago-Melodie vom Orchester Maurice Jarre. Man muss schon sagen: Auch wenn sie es sicherlich anders ausgedrückt hätten – unsere Eltern haben sich damals wirklich „den neuesten heißen Scheiß“ auf den Plattenteller gelegt und waren zumindest musikalisch absolut am Puls der Zeit. Denn auf Jahr 2017 umgerechnet würde diese Sammlung so etwas wie 5x Lady Gaga, 4x Depeche Mode, 7x Adele und 3x Coldplay bedeuten.
Wir sind so schnell dabei, unsere Eltern und Großeltern als altmodisch zu schelten. Liebe Altersgenossen… Seht euch eure Kinder, Enkel, Neffen, Patenkinder oder was immer an jungen Menschen um euch herumläuft einmal genau an und rechnet ein paar Jahre in die Zukunft. So etwa zwanzig, dreißig Jahre, wenn der jetzt aktuelle Hit von Adele in der Golden Oldies-Stunde im Radio gespielt wird. Glaubt’s mir: Dieses „Boah, bist du altmodisch“-Genöle kommt irgendwann zurück. Zu uns. Wie ein Bumerang.