Es gibt Tage, da muss ich echt an meiner Selbstdisziplin arbeiten. Damit meine ich noch nicht mal die alltäglich zu meisternden Muss-Aufgaben. Klar, ich bin auch nur ein Mensch und als solcher weit entfernt davon, perfekt zu sein. Doch wenn man mal etwas vergisst, wie morgens auf dem Weg nach draußen den Müll mit runter zu nehmen und man das dann Abends, wenn man eigentlich nur noch aufs Sofa will, nachholen muss, fährt man am besten damit, den Blick fürs Weite zu zeigen. Nur nicht ins Bockshorn jagen lassen.
Am meisten kommt die Selbstdisziplin – oder besser der Mangel daran – mir in die Quere, wenn ich anderen was Gutes tun möchte. Ich freue mich dann so auf die (hoffentlich) große Freude der anderen, dass ich es irgendwann nicht mehr aushalten kann. Als Folge stelle ich irgendetwas an, mit dem ich die Überraschung sabotiere und mich selbst zur kürzesten Verbindung zwischen zwei Fettnäpfchen mache.
So geschehen gestern: Der Spätherbst und die beginnende Winterzeit sind die Saison, in der ein gemütliches Kaffeestündchen noch willkommener ist als im Hochsommer. Es bringt innere Wärme in einer kalten Zeit.
Darum hatte ich den phänomenalen Geistesblitz, meinen Mann mit einem selbtgebackenen Kuchen zu überraschen. Er war länger unterwegs, um uns unsere Wochenendzeitungen zu besorgen, das gab mir ausreichend Gelegenheit, einen Teig anzrühren. Diesmal gab es keine exekutierte Adelige, die hatten wir übers Jahr öfter gehabt. Es sollte etwas her, das wir nicht so oft auf dem Tisch bringen.
Schnell die Backbücher gewälzt, Wahl getroffen und losgelegt. Zwanzig Minuten später stand die mit Teig gefüllte Backform im Ofen und ich hatte Zeit, mich um die Kaffeetafel zu kümmern.
Oha! Da war ein ganz wichtiges Fach im Kühlschrank fast leer. Schnell das Telefon gezückt: „Schatzi, kannssu von unnerwegs noch Milch mitbringen, damit ich mir Lacche Mattiato… nee, Latche chat… auch nicht… Ach, du weißt doch, was ich mir Samsabe… Sonnabends immer gönne.“
„Ähm, Schatzi? Kann es sein, dass du ein bisschen angetüddert bist?“
Verdammt.
Wieder einmal war eine Überraschungen durch meine eigene Dösbaddeligkeit aufgeflogen. Ich hatte nämlich beim Abschlecken der Rührstäbe und beim Auskratzen der Schüssel schlichtweg die Wirkung der namensgebenden Zutat in einem Teig für Eierlikörkuchen unterschätzt…
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