Lokalderby (Hochdeutsch)

Nee, was bin ich froh, dass der April vorbei ist. Ich muss dann immer an meine Dreißigerjahre denken: Für das Jungvolk unter dreißig bist du schon der alte Sack gewesen, und von den Leuten über vierzig hat man immer zu hören gekriegt: „Du bist ja noch so jung.“ Das ist wie eine zweite Pubertät gewesen – zu nichts und niemandem hast du wirklich dazugehört. Bloß die Pickel sind mir zum Glück erspart geblieben.

Der April ist genau wie diese zweite Pubertät – vom Wetter her weiß er nicht, was er will: Schnee oder doch lieber Sonne. Er kann sich ja nicht mal richtig festlegen, ob er nun der Ostermonat sein will oder ob der März das lieber übernehmen soll. Vom ersten Mai an ist die Lage dann doch etwas stabiler.

Aber am meisten freue ich mich darüber, dass ich im Mai endlich wieder shoppen gehen kann. So ungefähr vom Geburtstag meines Vaters im März bis zum 1. Mai ist das nämlich besser, wenn ich die Finger von allen Dingern lasse, de mich im Geschäft oder im Onlineshop interessieren. Das ist vielleicht eine langweilige Zeit, sage ich euch!

Aber es ist halt auch wichtig, um meinen häuslichen Frieden zu sichern. All zu oft habe ich meinem Mann nämlich die Überraschung zu meinem eigenen Geburtstag versaut. Nein, ich schnüffel nicht! Ich bin zwar der Sohn meiner Mutter selig und komme ziemlich nach ihr, aber gerade das habe ich nicht von ihr geerbt. Kinners, glaubt’s mir – beim Erschnüffeln von Geschenkverstecken hätte sich Miss Marple eine dicke Scheibe von meiner Mutter abschneiden können. Das hat erst aufgehört, als mir ein absolut sicheres Versteck eingefallen ist: Auf dem Dachboden! Leiter rauf und das Geschenk auf einem dicken Balken abgelegt. Da oben hat sie sich nämlich nicht hingetraut!

Bei mir ist es so, dass ich gar nichts dafür kann, wenn ich weiß, was ich von meinem Mann zum Geburtstag bekommen. Ehrlich! Nicht gelogen! Es ist nämlich so, dass ich zu einem kleinen Shoppingbummel losziehe, und wenn ich zurück bin, zeige ich meinem Mann voller Freude meine Schätze – bis er mich wieder mal anblafft: „Du Dösbaddel! Das habe ich doch als dein Geburtstags(oder auch Weihnachts)geschenk gekauft. Jetzt kann ich das wieder umtauschen!“

Mein Mann hat  ziemlich viel Geduld mit mir bewiesen. Viermal hintereinander hat er sich das angeschaut, bis ein ziemlich knatschiges „Machst du das nochmal, kriegst du kein einziges Geschenk mehr von mir“ gekommen ist. Und weil ich weiß, dass er so eine Drohung auch eiskalt wahrmacht, habe ich mir dieses Shopping-Verbot auferlegt.

In drei Tagen hat nun mein Mann selbst Geburtstag. Ich habe ihm vor ein oder zwei Wochen beim Buchhändler, der schon lange nicht mehr nur Bücher verkauft, ein wirklich tolles Blechwerbeschild und einen passenden Schlüsselanhänger von Mercedes gekauft, weil er so ein Fan der alten Mercedes-Autos ist. Strich-Achter und so. Habe ich extra dort gekauft, weil mein Mann nicht so eine Leseratte ist wie ich. Man kann sagen, dass bei ihm der Trend garantiert nicht zum Zweitbuch geht. Der Tag, an dem er freiwillig in eine  Buchhandlung geht, muss erst noch erfunden werden.

Tscha, was soll ich sagen? Gestern ist mein Mann in der Stadt unterwegs gewesen und von dickem Gepladder überrascht worden ist. Und ausgerechnet in welchem Laden hat er Schutz gesucht? Und ausgerechnet was hat er dort aufgestöbert und sich gekauft?

Yep.

Richtig geraten.

Nun steht es also 4:2 zwischen uns. Ist ja auch so eine Art Lokalderby…