Kringel

Eigentlich liegt es mir nicht, über die Jugend von heute abzulästern. Ich ertappe mich eh viel zu oft dabei, dass ich mich zu Sätzen hinreißen lasse, die auf das Motto „Früher ist das aber anders gewesen“ hinauslaufen.

Erst gestern habe ich mich wieder mal gewundert: Da klingelt der Paketbote bei uns und bringt mir das Paket mit einem vorbestellten Buch. Ich setze meine Unterschrift auf sein Elektronikdingens und nehme das Paket an. Dann fragt dieser völlig fremde Kerl mich, ob ich auch das Paket für Frau So-und-so annehmen könnte. „Wer ist denn Frau So-und-so“, sage ich. „Die wohnt nicht in unserem Haus.“

Darauf sagt er mir, wo sie wohnt. Das ist acht Hausnummern weiter längs! Früher hätte man das nicht erlebt, da hättest du selbst für deinen direkten Nachbarn das Paket erst dann zum Verwahren bekommen, wenn der Postbote dich zehn Jahre gekannt hat!

Und da ist er wieder gewesen, dieser verhängnisvolle Satz: „Früher…“ Wuuuääääh! Ich will das nicht mehr! Ich bin doch erst sechsundvierzig und nicht vierundsechzig!

Trotzdem heißt es ja in den Nachrichten immer öfter und quasi von amtlicher Seite, dass die Jugendlichen nichts mehr gewohnt sind. Sie kommen mit unrealistischen Vorstellungen zu ihrem Job und wundern sich dann, dass sie sich für weniger Geld mehr anstrengen müssen, als sie gedacht haben.

Unter uns – es wundert mich nicht wirklich.  Es gibt fast keine Herausforderungen mehr in. Beim Minikicker-Fußball, zum Beispiel, gibt es keine Punkte und damit keinen Sieger und keinen Verlierer mehr. Da darf sich dann auch keiner wundern.

Heute bin ich beim Einkaufen in der Abteilung mit den Naschis von einer so genannten Propagandistin an ihrem kleinen Stand aufgehalten worden. Ob ich nicht mal die neuen Kringel von der Firma Dies-und-Das probieren wolle, fragte sie mich. Nein, wollte ich nicht, denn diese neuen Kringel haben sofort eine Assoziation mit einer Mutprobe aus meiner Kinderzeit geweckt. Sofort habe ich wieder diesen strengen, salzigen Geschmack auf der Zunge gefühlt. Und das Zeug ist so zäh gewesen, hat aber trotzdem schrecklich zwischen den Zähnen geknirscht. Nein, es war wirklich nicht nötig, nochmal in sowas reinzubeißen. Wenn wir nämlich früher genau so aussehende Kringel futtern wollten, dann mussten wir Omas Hund ’n Stück Hundefutter aus der Schüssel klauen!

2 Kommentare zu “Kringel

    • So, nu‘ will ich mal den Rückstand bei den Antworten auf Kommentare aufholen. Sorry, es war der Not (= Gesundheit) gehorchend, nicht dem eigenen Triebe.

      „Sich minikringeln vor Lachen“ wäre mein Vorschlag für kleine heitere Momente im Alltag, die natürlich genau so wichtig sind wie Moment, in denen man sich vor Lachen kaum wieder einkriegt. 🙂

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