Inhaltlich ist es eigentlich nichts weiter als der deutsche Abklatsch des amerikanischen Klassikers I’ll Be Home For Christmas, doch dank der hierorts herrschenden Vorliebe für Überdramatisierung ist es längst nicht so versöhnlich und hoffnungsvoll wie das Lied aus den USA.
Weihnachten bin ich zuhaus ist die Eröffnungsnummer des gleichnamigen Albums von Roy Black, und die von einem deutschen Komponistengespann geschriebene Story erzählt von jemanden, der nur im Traum am Weihnachtsbaum in seinem Elternhaus stehen kann, weil die beiden nicht mehr da sind, er aber Tränen der Dankbarkeit für ihre Liebe weint. Das Lied strotzt nicht gerade vor Optimismus, und als Kind habe ich jedesmal so zu flennen begonnen, dass meine Großeltern irgendwann gar nicht mehr gewagt haben, die Schallplatte in meinem Beisein aufzulegen. Um schmerzhafte Dinge macht man gemeinhin einen großen Bogen, und so habe ich diese Platte vierzig Jahre lang gemieden wie der Teufel das Weihwasser.
Trotzdem gehört sie irgendwie zur Familiengeschichte, und als wir vor acht Jahren das Haus meiner Großmutter ausgeräumt haben, konnte ich die Platte einfach nicht entsorgen. So stand sie also Ewigkeiten ungespielt in meiner Plattensammlung, bis ich sie vor ein paar Wochen wie jedes Jahr in die Finger bekam, als ich unsere übrigen festlichen LPs für die besinnliche Zeit zusammengesucht habe. Ich weiß nicht, welcher Teufel mich geritten hat, doch plötzlich lag das Ding auf dem Plattenspieler, das Orchester spielte auf, Roy Black begann zu singen. Und ich fand es gar nicht mal so übel.
Ist das jetzt die berühmte Altersmilde, die sich langsam bei mir einstellt? Ich weiß es nicht. Vielleicht ist es nur eine Mitteilung meines Unterbewusstseins, einfach mal Frieden mit ein paar ollen Kamellen zu schließen. Und welche Gelegenheit bietet sich da besser an als das Weihnachtsfest im Jahr 2019? Mit dem kommenden Altjahrsabend steht nämlich auch der Start in ein neues Jahrzehnt bevor. Je weniger Ballast man dabei mit rüber nimmt, desto besser.
Und so wünsche ich allen Lesern des Wortgepüttscher ein frohes Weihnachtsfest sowie alles Gute und Gesundheit für den Start ins neue Jahr(zehnt). Vielen Dank für die Lesetreue, die eMails mit Feedback und guten Wünschen auf meinem Weg zu besserer Gesundheit.
Alles Gute und bis bald!