Dortmunder Notizen

Die Sommerferien haben begonnen und damit auch die größte Reisewelle des Jahres. Bei mir dauert es noch gut vier Wochen bis zur Sommerfrische – was nicht heißt, dass das Reisefieber nicht bereits ausgebrochen ist. Darum bleibt momentan wieder mal nur Zeit für eine Sammlung kleiner Alltagsnotizen:

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Ausstellungsstück

Winston Churchill wird ein Bonmot zugeschrieben, das die Wichtigkeit von Feinden und sonstigen Gegnern betont – so etwas zeige, dass man sich für etwas in seinem Leben starkgemacht hat.

Das kann ich durchaus unterschreiben.

Ein anderes Sprüchlein wesentlich neueren Datums und aus den USA besagt: „Von den harten Zeiten wird man also stärker? Dann könnte ich inzwischen alleine einen Cadillac in die Höhe wuchten.“

Auch das ist nicht ganz verkehrt.

Gerade als offen lebender Gay ist man immer wieder in der Situation, seinen Platz im Leben zu behaupten. Es härtet einen tatsächlich ab. Irgendwann gelangt man an den Punkt, an dem einen einen scheinbar nichts mehr erschüttern kann.

Betonung auf „scheinbar“. Weiterlesen

Das Gekrakel von Delphi

„Vom Grips her mag es nicht gereicht haben, aber von der Sauklaue her könnte er Arzt sein.«

Ein wenig schmeichelhaftes Bonmot, aber leider auch irgendwie passend. Meine Schwester hat es irgendwann geprägt, als ich den familiären Einkaufszettel im Elternhaus um ein paar von mir gewünschte Artikel ergänzt hatte und niemand so recht schlau daraus wurde, was da eigentlich haben wollte. Weiterlesen

Würde der Papst Biber essen?

Wer hätte das gedacht? Pünktlich zum Wochenende wird es doch noch schön. Dabei hatte man sich fast schon zähneknirschend dran gewöhnt, dass Sonnabend und Sonntag zu klassischen Auf dem Sofa lümmeln-Festspielen geworden waren. Lesen, sich durch die private Mediathek gucken, vor sich hin dösen…

Doch nun sieht es wirklich und endlich so aus, als würde sich vor allem der PC mit dem Videoarchiv wieder mal eine Zeitlang ziemlich langweilen.

Ist vielleicht gar nicht so vekehrt, wenn man mal eine Weile die Finger von den Videos lässt. Ganz besonders von der Sendung QI, während der ersten dreizehn Staffeln von Stephen Fry moderiert, seit der vierzehnten von Sandi Toksvig.

QI bedeutet Quite Interesting (Ziemlich interessant) und steht für eine amüsante, dabei hochgebildete Plauderei, die seit über zehn Jahren eine der erfolgreichsten BBC-Fernsehsendungen ist. Zum Jahreswechsel 2016/2017 ist die 13. Staffel zu Ende gegangen.

Jede Staffel hat einen Buchstaben aufsteigend im Alphabet. Staffel 1 war demnach die A-Staffel, Numero 13 die M-Staffel. Jede Folge steht unter einem Motto, das mit dem jeweiligen Staffel-Buchstaben beginnt. In der A-Staffel z. B. Antidotes (Gegengifte), in der L-Staffel Little and Large (Klein und groß) und so weiter.

Stephen Fry begrüßt in jeder Ausgabe vier Mitspieler: Schauspieler, Dokumentarfilmer und Komiker Alan Davies ist der einzige reguläre, die anderen drei Stühle werden wechselnd mit Gästen besetzt, meist Komiker, Moderatoren oder Schauspieler wie etwa Jo Brand, Liza Tarbuck, Dermot O’Leary, Bill Bailey, David Mitchell, Victoria Coren Mitchell oder Dara O’Briain.

Stephen Fry stellt zum Episodenmotto Fragen, die der normal gebildete Mensch nicht unbedingt auf Anhieb oder sogar überhaupt nicht beantworten kann.

Bei den Antworten geht es dann auch nicht zwangsläufig um richtig oder falsch, sondern darum, wie interessant die Antworten und die Gedankenkette dorthin erläutert werden. Für gute Antworten gibt’s Pluspunkte, für schlechte Antworten Minuspunkte. Wer sich besonders dröhnbüddelig anstellt, geht mit einem Minuspunktestand nach Hause.

Über Fragen und Antworten wird ausgiebig diskutiert – nach guter alter englischer Humortradition mit vielen eindeutigen Zweideutigkeitn, von denen sich meist auch der aufgrund seiner exzellenten Manieren eigentlich darüber erhabene Stephen Fry anstecken lässt.

Zum heutigen Freitag passt die Blogüberschrift. „Würde der Papst Biber essen?“ lautete nämlich eine der Fragen bei QI. Vor vier Wochen noch hätte ich spontan geantwortet „Nein“. Man hat ja schon von vielen ungewöhnlichen Tieren gehört, die als essbar gelten oder galten, aber Biber kam bisher nie in diesen Aufzählungen vor. Eine nicht repräsentative Umfrage im Freundes- und Bekanntkreis brachte zu hundert Prozent die selbe Antwort. Doch sie ist falsch. Der Papst und überhaupt alle katholischen Glaubensangehörigen können und dürfen Biberfleisch essen, auch und ganz besonders am Freitag, der ja eigentlich nur Fisch zulässt. Aber weil der Biber im Wasser lebt und die Haut unter seinem Fell als schuppig gilt, ist er von der Katholischen Kirche als für Freitage zugelassener Fisch deklariert worden.

Schön, wenn man sich die Welt zurecht verdrehen kann, wie-de-wie-de-wie sie einem gefällt. Aber das nur nebenbei.

Die Geschichte mit dem Biber fand ich in der Tat Quite Interesting. Man kann bei dieser Sendung wirklich etwas lernen, was nicht ohne Nebenwirkungen bleibt: Man lernt fast ein bisschen zuviel, was dazu geführt hat, dass Tatsachen, die ich für mich als unumstößlich verankert geglaubt hatte, völlig durcheinander gewirbelt wurden. So habe ich u. a. gelernt, dass…

 

  • der trockenste Ort auf dieser Welt keine der Wüsten ist, die einem spontan einfallen, also Gobi, Death Valley oder Sahara*.
  • Regentropfen nicht tropfenförmig sind.**
  • der Vogel, der die kleinsten Eier, legt der Strauß ist.***
  • Erdmännchen alles andere als niedlich sind****
  • es möglich ist, mit einem einzigen Bissen eine halbe Million Kalorien aufzunehmen.*****
  • die Anzahl von Nord- und Südpol auf dieser Welt nicht zwei ist.******

 

Insofern ist es, glaube ich, nicht ganz verkehrt, wenn dass Wetter jetzt langsam wieder zur Eröffnung der LLLN (Lauschigen Lese-Lounge Nächte) auf dem Balkon führt. Ich habe nämlich ein wenig Sorge, dass in einer noch nicht gesehen QI-Folge die Aufklärung darüber kommt, dass die Erde doch eine Scheibe ist…

 


 

* Es ist die Antarktis, weil es dort in einigen Ecken schon seit Millionen von Jahren nicht mehr geregnet hat. Was eine Wüste ist, wird nämlich über die Niederschlagsmenge definiert.

** Sie sind kreisrund.

*** Wenn man sie proportional zur Körpergroße betrachtet.

**** Sie sind rücksichtslose, mordende Miststücke, die nicht mal vor ihrem eigenen Nachwuchs Halt machen. In potentiell gefährlichen Situationen geht etwa nicht dass älteste Alphamännchen auf Erkundungstour – nein, es werden die Kinder vorgeschickt. „Guck mal, ob da ein Auto über die Wüstenstraße kommt, Junge. Lauf vor!“ – „Nein, da ist keins, Pap…“ VROOOM!

***** Der Blauwal kann das.

****** Es sind elf. Es gibt je zwei geologische, zwei geomagnetische, zwei geographische, die beiden übrigen Paare habe ich schon wieder vergessen, und den einen als vermeintlichen Nordpol ins Eis gerammten Besenstiel, vor dem sich Touristen fotografieren lassen können und der somit nur ein Fake ist.

 

Die eigene Zelle möblieren

Überall finden dieser Tage wieder die alljährlichen CSD-Veranstaltungen statt – tohuus in Hamburg geht z. B. an diesem Wochenende auf St. Georg und St. Pauli sowie rund um den Jungfernstieg mit der Gay Pride wieder richtig die Luzie ab. Allen Beteiligten wünsche ich sowohl viel Spaß als auch viel Erfolg dabei, die Themen, die uns beschäftigen, so laut kundzutun, dass sie endlich das so nötige Gehör finden.

Eines der Themen wird sicherlich auch die Kontroverse um sexuelle Aufklärung in der Schule sein, besonders um die Frage, ob über mehr aufgeklärt werden soll als nur die Heterosexualität.

Indirekt hat mich der Blog Liebe im Schatten des Regenbogens auf dieses Thema aufmerksam gemacht, in dem die Bloggerin über den Neuanfang in den Leben aller Beteiligten berichtet, seit ihr Ehemann ausgesprochen hat, selbst homosexuell zu sein. Ich folge diesem wirklich lesenswerten und wunderbar positiv denkenden Blog von fast Anfang an und empfehle ihn gerne weiter.

Zum Thema Aufklärung geht es mir insbesondere um den Artikel Warum bin ich noch da? vom 29. Juli 2015. Weiterlesen