Sonntagszwischenruf

Moin!

Was macht ihr sonntags eigentlich so gleich nach dem Aufstehen? Duschen, Sport, frühstücken, Die Sendung mit der Maus schauen, mit dem/der Liebsten nochmal in die Buntkarierten verschwinden für… na, ihr wisst schon?

Ischa auch egal, näch? Heute gibt es einen guten Grund, das übliche Ritual mal hintenan zu stellen. Ich hab’s heute so gemacht:

Aufstehen – Katzenwäsche – Zähneputzen – anziehe – WÄHLEN GEHEN!

Auf die letzten beiden Worte kommt es an.

Kinners, Freunde, Leser… bitte geht heute wählen. Besonders die letzten Wochen haben gezeigt, wie wichtig diese Wahl ist.

Geht wählen für ein freies, liberales, tolerantes und vielfältiges Europa. Und für ein Europa, in dem das Opfern unserer Umwelt zugunsten wirtschaftlicher Interessen keine Chance mehr hat. UND DER POLITISCHE EXTREMISMUS ERST RECHT NICHT!!!

Ja, es gibt Dinge, die in Europa querlaufen. Doch es gibt weiterhin so viel Gutes, dass wir es uns auf keinen Fall wegnehmen lassen dürfen. Und da wo es querläuft, stoßen wir unsere Vertreter auf den richtigen Weg. Mit Wahlen. Mit der aktiven Einmischung in politische Diskussionen. Auch wenn es bei manchen Zeitgenossen sinnlos sein wird, mit ihnen zu diskutieren. Trotzdem bleiben wir unüberhörbar!

Mein britischer Großvater hat in den Kriegswirren, besonders in den letzten Monaten vor dem Tag der Befreiung, bestimmt nicht alles gegeben, um Deutschland von der braunen Scheiße zu befreien, nur damit ich ihm jetzt auf diese Leistung draufspucke.

Ein billiger Computer kann mich nicht dazu bringen, schon zehn Minuten vor Türöffnung vor einem Ladenlokal zu stehen. Eine Wahl hingegen treibt mich sehr wohl schon in aller Frühe zum Wahllokal. Auch und gerade an einem Sonntag.

Wir alle haben eine große Verantwortung heute, im Hinblick auf unsere Zukunft, aber auch aufgrund unserer Vergangenheit.  Dieser Verantwortung müssen wir uns bewusst sein. Ewigkeiten haben wir unsere Eltern, Großeltern und manchmal sogar auch noch Urgroßeltern gefragt, wie das ’33 passieren konnte, und wir haben ihnen vorgeworfen, es nicht anders gemacht zu haben. WIR hätten es GANZ bestimmt ANDERS gemacht. Heute können wir zeigen, dass auf diese Behauptung Verlass ist. Nicht nur in Bezug auf den Extremismus. Auch unserer Umwelt zuliebe.

Darum nochmal:

Bitte geht wählen.

Wählt weise und wohlüberlegt.

Es kommt mehr denn je darauf an.

Und dann genießt die Sonne.


Mehr zum Thema:

An die Urne gehen – Über die Wichtigkeit von Wahlen

No de Urne hin – Der gleiche Artikel nochmal auf Plattdeutsch

In the Year 2087 – Vielleicht müssen wir eines Tages Rede und Antwort stehen, warum wir fatale Dinge nicht verhindert haben.

Nur ein Satz – Warum ich  meine Urgroßeltern nie kennengelernt habe und genau das ein Grund ist, Flüchtlinge willkommen zu heißen.

Nicht mit uns – Die Blogparade Schreiben gegen Rechts


Hinweis: Die Titelgraphik dieses Beitrags stammt aus dem Pool frei verwendbarer Bilder von Pixabay und kann im Rahmen der Pixabay License frei verwendet werden.

Mit Familienanschluss…

… oder Wie meine Familie die DDR-Behörden austrickste.

Wie viele Familien hatte auch die meine Verwandte in der DDR, als diese noch existierte. Als die Mauer fiel, war ich gerade sechzehn, und es war ziemlich aufregend, wie einfach sich plötzlich die Familienbande pflegen ließen. Zuvor hatte man sich nur selten gesehen. Im Westen scheute man die Reise; zuviel hatte man über Autos gehört, die bei der Kontrolle von den Grenzern zwar auseinander-, aber nicht wieder zusammengebaut worden waren, und die pekuniäre Angelegenheit mit dem Zwangsumtausch war auch irgendwie blöde.

Die Verwandten von “drüben” wären gerne öfter zu Besuch gekommen, aber dafür musste es einen besonderen Anlass geben, wie etwa den runden Geburtstag eines sehr nahen Westverwandten, damit dem Wunsch auf Familienzusammenführung von staatlicher Seite stattgegeben worden wäre.

Aber es wurden viele Briefe geschickt und natürlich Pakete: Klamotten, Westlebensmittel, Spielzeug, Schallplatten und so weiter. Bücher von Westautoren waren auch beliebt. Natürlich musste der Lesestoff besonders sorgfältig ausgewählt werden, wurden Pakete doch regelmäßig darauf gefilzt, ob deren Inhalt auch keine Gefahr für den real existierenden Sozialismus darstellte. Es gab zum Glück einige Bücher, die eigentlich immer durchgingen. Weiterlesen

Der wichtigste Tag des Jahres

Moin!

Vielleicht ist es einigen aufgefallen: Ich bin mit dem Bloggen ein bisschen aus dem Takt geraten. Laut meinem Rhythmus „Alle drei Tage was Neues“ hätte am vergangenen Donnerstag eben genau das kommen müssen: etwas Neues.

Aber mir war wirklich nicht danach, weil ich im Moment ziemlich marode bin. Kinners, ich sage euch eins: Du merkst, dass du älter wirst, wenn sich dein Körper nicht mehr nur mit Erkältungssymptomen zufriedengibt, sobald du dich verkühlt hast – nein, jetzt haut er dir auch noch eine Verspannung rein, als hättest du Hexenschuss nur im Nacken.

Das wird mich aber nicht davon abhalten, gleich vor die Tür zu gehen – dazu ist der Tag heute zu wichtig.

In einer guten Viertelstunde öffnen die Wahllokale, und selbstverständlich werde ich wählen gehen. Natürlich hätte ich auch auf den letzten Metern noch rasch Briefwahl beantragen können. Aber ich habe es schon einmal an anderer Stelle geschrieben, und ich bleibe unbeirrt dabei: In Zeiten, in denen so viele Menschen von dem wichtigen Geschenk der demokratischen Wahl keinen Gebrauch machen oder es gar mit Füßen treten, indem sie ihre Stimmen den rechten Parteien geben, werde ich den Teufel tun und wegen ein bisschen steifem Nacken, jeder Menge Rotznase und einer aktuellen körperlichen Durchschnittstemperatur von 37,8° zuhause zu bleiben. Ich will für alle Welt sichtbar von meinem Wahlrecht Gebrauch machen, und wenn man mich dorthin tragen muss oder ich auf den Brustwarzen ins Wahllokal krabbele.

Ich werde wählen.

Und definitiv keine von den rechten Parteien!

Denn ich möchte, dass unser Land trotz aller Probleme und allem was quer läuft eine bunte und lebendige Demokratie bleibt, in der ich frei und vielfältig leben kann – etwas, das die rechten Parteien, von denen es leider viel zu viele gibt, nicht im Sinn haben.

Außerdem hat mein britischer Großvater in den Kriegswirren, besonders in den letzte Monaten ’44/’45, bestimmt nicht alles gegeben, um Deutschland von der braunen Scheiße zu befreien, nur damit ich ihm jetzt auf diese Leistung draufspucke.

Wir alle haben eine große Verantwortung heute, im Hinblick auf unsere Zukunft, aber auch aufgrund unserer Vergangenheit. Wer meint, diese Vergangenheit vergessen zu können, müssen oder gar dürften, hat nicht alle Latten am Zaun, so einfach ist das. Erinnern wir uns an den wichtigen Satz, den die Journalistin Anja Reschke schon vor über zweieinhalb Jahren gesagt hat: „Dieser Teil unserer Geschichte ist in seiner Abartigkeit so einzigartig, dass er gar nicht vergessen werden kann.“ 

Dieser Verantwortung müssen wir uns bewusst sein. Ewigkeiten haben wir unsere Eltern, Großeltern und manchmal sogar auch noch Urgroßeltern gefragt, wie das ’33 passieren konnte, und wir haben ihnen vorgeworfen, es nicht anders gemacht zu haben. Wir können es heute anders machen.

Darum gibt es keinen Grund, heute nicht wählen zu gehen und es gibt erst recht keinen einizgen Grund, den rechten Parteien  auch nur eine einzige Stimme zu geben!

Bitte geht wählen.

Und bitte wählt weise.

Es kommt mehr denn je darauf an.


Mehr zum Thema:

An die Urne gehen – Über die Wichtigkeit von Wahlen

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In the Year 2087 – Vielleicht müssen wir eines Tages Rede und Antwort stehen, warum wir das Grauen nicht verhindert haben.

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Hinweis: Die Titelgraphik dieses Beitrags stammt aus dem Pool frei verwendbarer Bilder von Pixabay und befindet sich unter dem Vermerk CC0 der Creative Commons in der Public Domain.

An die Urne gehen

Zweitausendundsiebzehn ist wieder mal ein so genanntes Superwahljahr: In drei Bundesländern und für den Bundestag in Berlin wählen wir neue Parlamente. Diesen Monat sind die Leute in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen mit dem Urnengang an der Reihe.

Nun tun sich viele Menschen dieser Tage ziemlich schwer damit, zur Wahl zu gehen. Von Politikverdrossenheit wird geredet, und ein bisschen kann ich das auch verstehen. Ich weiß ja manchmal selbst nicht, was ich sagen soll, wenn mich einer nach meiner politischen Meinung fragt. Läuft ja so einiges quer, das kann man nicht anders sagen. Weiterlesen

No de Urne hin

Tweedusenunsöbenteihn is mol wedder een so genanntet „Superwahljahr“: In dree Bundslanden un föör den Bundsdag in Berlin wählt wi niege Parlamente. Düssen Maand sünd de Lüüd in Schleswig-Holsteen un Nordrhein-Westfalen domit togang no de Urne to geihn.

Nu deihn sik veele Lüüd düsser Doge bannig swoor domit, bi de Wahl mit to moken. Vun „Politikverdrossenheit“ schnackt se, un ’n böten wat kunn ik dat ook verstohn. Ik weet ja sölvs mannigmol nich wat ik seggen schall, wenn mi een no mien politischet Meen’n frogt. Löppt jo so eeniget dwars, dat kunn een nich anners seggen. Weiterlesen

Es ist serviert!

1. Juli!

Ein neuer Monat bedeutet für die meisten in allererster Linie zunächst einmal: Zahltag. An den Bankautomaten und Geldschaltern wird’s heute richtig voll. Bringt Zeit mit dorthin!

Für mich persönlich zählt heute etwas ganz anderes: Weiterlesen

Neu gemischte Karten

Es hat ein paar Tage gedauert. Es musste alles ein bisschen sacken. Vor allem wollte ich nicht in die allgemeine Hysterie einstimmen, die der vergangene Freitag gebracht hat. Seit ca. 5:30 Uhr an diesem Morgen war es eine gut fundierte Prognose, seit dem Vormittag stand es fest.

In meinem Clan wurde Völkerverständigung Weiterlesen

Montagmorgen

Dieser Tage fällt es wirklich nicht leicht, mit einer positiven Grundeinstellung durch das Leben zu gehen. Zu vieles läuft quer, ist aus dem Ruder geraten, verweigert sich jedem gesunden Menschenverstand. Weiterlesen

In the year 2087

Gestern und heute – in weiter Ferne so nah. Vor einigen Jahren war ich nach einem beruflichen Meeting auf dem Heimweg. Bonn, München, Hamburg, Frankfurt, Köln, Bremen, Hamm, Lübeck – ich weiß gar nicht mehr genau, in welcher Stadt das war. Aber eine von diesen wird es gewesen sein, weil ich zu jener Zeit dort oft dienstlich unterwegs war.

Jedenfalls führte der Weg zur Straßenbahnstation an einer großen Reklametafel vorbei. Sie zeigte ein Plakat, das den gelben Fahrplänen glich, wie wir sie von jedem Bahnhof kennen. Doch es war keine heitere Fahrt mehr Bus und Bahn-Werbung, auf der scherzhaft Abfahrtzeiten wie 16:30 – Nach Hause – Gleis 1 standen. Vielmehr waren dort Daten zu lesen, zu jenen zwischen 1933 und 1945 vom Bahnhof dieser Stadt aus Transporte in die verschiedenen Konzentrationslager abgingen. Das las sich dann ungefähr so: Weiterlesen

Sonntagszwischenruf

Die Wettbewerbsfähigkeit des Hafens erweitern und sichern.

Verstärkter sozialer Wohnungsbau.

Ausbau des Öffentlichen Nahverkehrs u. a. mit Schaffung der Linien U5 und S4, dazu Entlastung der Metrobuslinie 5.

Pflege historischer Bausubstanz, u. a. durch Sanierung des alten Elbtunnels, Erhalt des Friedhofes Ohlsdorf als Gesamtensemble und generell erweiterten Denkmalschutz.

Sicherung des Kultur- und Messestandorts Hamburg.

Programme zur Integration von Neubürgern jeglicher Herkunft.

Programme gegen Extremismus jeder Art.

Schutz der alten Kieze vor weiterer Gentrifizierung bzw. Disneyfizierung.

Entlastung des Flaschenhalses Hauptbahnhof

Schaffung bzw. Erhalt von Kitas, Schulen und weiteren Bildungseinrichtungen.

Hamburg hat Weiterlesen

Sonntagszwischenruf

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Heute: Volksentscheid in Hamburg

Liebe Freunde und Leser in Hamburg,

heute besteht in den dazu eingeladenen Quartieren letztmals die Möglichkeit, bei einem Bürgerentscheid für oder (hoffentlich) gegen eine die Elbe überspannende Seilbahn zu stimmen. Dazu möchte ich euch noch einmal meinen

Blogeintrag „Killarney, Hamburg und das große Geld“

ans Herz legen (Klick auf den Link führt dorthin).

Bitte trefft eine kluge Entscheidung für eure Stadt, eure gemeinsame Geschichte, für das, was von der historischen Stadtansicht noch übrig ist und nicht durch Elbphilharmonie und Tanzende Türme korrumpiert wurde, und trefft sie für eure (Mit)Bürger. Nicht für den schnellen Tourismus- und Investorendollar.

Alles Gute, Hamburg!!!

Killarney, Hamburg und das große Geld

Die Sterne am Himmel, ein Paar blauer irischer Augen, das liebevolle Seufzen einer Mutter, die Natur, ein echtes Shamrock und den Blarney Stein – wenn man das alles kaufen kann, so besagt ein altes Lied, dann kann man auch das irische Städtchen Killarney kaufen.

Mir scheint, derzeit stürzen sich all jene, die an Killarney gescheitert sind, auf Hamburg. Es war über Jahrhunderte das Drama von Hamburg, dass der Senat ausschließlich mit Kaufleuten besetzt war, die bei allen politischen Entscheidungen nur das eigene und das wirtschaftliche Wohl der Stadt im Sinn hatten. Was darüber hinausging, wurde mit Desinteresse betrachtet. Das bedeutete mangelndes Geschick in allen anderen politischen Belangen, was Hamburg viele Opfer abverlangte. Vor allem beim Volk, das aufgrund dieser völligen Indolenz der Würdenträger in Hamburgs größten Blütezeiten immer auf der falschen Seite gestanden und alles andere als profitiert hat, was u. a. in der Choleraepidemie von 1892 gipfelte.

Was hat sich geändert? Polemisch betrachtet scheinbar nur dieses: Der Senat besteht nicht aus Kaufleuten, sondern aus Berufspolitikern und es gibt keine Cholera. Ansonsten wird weiter hauptsächlich dem Mammon gedient: Statt Dinge wie den Ausbau des U-Bahn-Netzes in sinnvoller Weise voranzutreiben, wird bei den Buslinien geflickschustert mit Maßnahmen, die nach wenigen Monaten wegen ihrer Sinnlosigkeit wieder rückgängig gemacht werden müssen oder das soziale Gefüge eines Quartiers nachhaltig verändern. Förderung von erschwinglichem Wohnraum für Otto und Ottilie Normalverbraucher? Fehlanzeige.

Hinzukommt die Gentrifizierung, ergänzt durch ein neues Wort: Disneyfizierung. Die alten Kieze auf St. Georg und vor allem auf St. Pauli werden durch Anzugträger von außerhalb überschwemmt, die die Stadt Hamburg allgemein und die Bevölkerung auf den Kiezen im Besonderen nicht einmal ansatzweise begriffen haben. Mit nichts als Dollarzeichen in den Augen werden historische Stadtbilder sowie über Jahrzehnte gewachsene Sozialstrukturen zunächst beschädigt und dann regelrecht vernichtet. Esso-Häuser ist nur eines der Stichworte. Die Tanzenden Türme ein anders. Dieser Glasmonolith passt in seiner Künstlichkeit bestens die HafenCity, aber partout nicht in das natürlich gewachsene St. Pauli. Gerade dieses Quartier wird vom Kiez, auf dem es auch mal nicht so schöne Anblicke gibt wie Stricher, die es ihrem Freier für ’nen Fünfziger extra auch mal ohne Gummi besorgen, zum garantiert jugendfreien Disneyland. Die Stadt verliert allmählich eine der wichtigsten Säulen ihrer Identität, und an anderen wie Eppendorf/Eimsbüttel/Harvestehude/Hoheluft (wertvolle Altbausubstanz, die Geschichte(n) erzählt, weicht seelenlosen Glaskästen, die obendrein wegen exorbitanter Immobilienpreise alteingesessene Bewohner entwurzeln) wird ebenso munter gesägt. Selbst die altehrwürdigen Kaufmannsvillen auf der Elbchaussee sind nicht mehr sicher davor, abgerissen und durch moderne Glaswürfel zu werden. Immer wieder hört man Nachrichten aus dem ganzen Stadtgebiet, dass einem historischen Gebäude mal wieder der Denkmalschutz entzogen wurde oder dass es in Kürze geschehen wird. Es ist erschreckend und einer so geschichtsträchtigen Stadt nicht würdig, wie leicht das zu sein geworden scheint.

All das geschieht, um noch mehr Touristen, noch mehr Unternehmen von außerhalb und vor allem noch mehr Geld in die Stadt zu holen. Einen Standort im Weltwirtschaftsgeschehen konkurrenzfähig halten zu wollen ist gewiss keine falsche Absicht, aber muss das zu Lasten der Identität, der Eigenlogik, der Eigendynamik dieses Standorts gehen? Muss man eine Stadt zum künstlichen Vergnügungspark umfunktionieren, in dem sich selbst Einheimische wie Gäste fühlen müssen?

Die neueste Idee der Disneyfizierer ist eine Seilbahn quer durch den Hafen. Das ganze wird manchmal als Verkehrsmittel zur schnellen Querung der Elbe verkauft, doch die Scheinheiligkeit dessen ist offensichtlich. Denn mal ganz ehrlich, wenn ich nur zu den beiden Musical-Theatern will, kann ich auch die extra dafür bereitgestellten Hafenfähren nehmen oder kann durch den alten Elbtunnel laufen.

Man stelle sich also nun dieses wunderbare Panorama vor wie hier im Bild vor, das künftig von einem Drahtseil durchschnitten wird, an dem immer wieder Gondeln mit gaffenden Menschen durchs Bild schweben. Wer wird davon hauptsächlich profitieren? Die Touristen und die Macher. Und die Lokalpolitik springt rollig drauf an wie eine notgeile Katze auf Baldrian. Kein Wort davon, wie es der Bevölkerung damit geht, wie die (ohnehin schon durch Elbphilharmonie & Co. eingeschränkten) historischen Sichtachsen auf die Stadt immer weiter ruiniert werden. Kein Wort von den täglichen Beeinträchtigungen für die direkte Nachbarschaft der Pylone und Stationen, wenn dort bis mitten in der Nacht der Antrieb röhrt. Hauptsache Geld.

Doch zum Glück regt sich Widerstand. Prominente Stimmen der Stadt erheben sich gegen die Seilbahn und ziehen die Bevölkerung mit. Man ist es satt, dass ständig über den Kopf der Betroffenen hinweg entschieden wird. In den direkt von der Seilbahn betroffenen Stadtteile (durch Infrastruktur, Touristenaufkommen etc.) ist daher u. a. eine Bürgerabstimmung im Gange, deren Ergebnis bindend sein wird. Dazu gehört auch St. Pauli. Dort ist man durch das Drama um die Esso-Häuser entsprechend sensibilisiert, und ich glaube, dadurch bestehen gute Chancen, den hypergentrifizierenden und disneyfizierenden Geldsäcken von außerhalb, die – ich wiederhole es gerne noch mal – Hamburg einfach nicht begriffen haben, klarzumachen, dass man nicht nur Killarney nicht kaufen kann. Auch bei Hamburg ist irgendwann Schluss.