Habt ihr das auch schon mal erlebt? Man liest ein interessantes Buch, ist von der Story mitgerissen, kommt flüssig durch den Text, und dann bleibt man bei einem Wort hängen. Es ist Weiterlesen

Habt ihr das auch schon mal erlebt? Man liest ein interessantes Buch, ist von der Story mitgerissen, kommt flüssig durch den Text, und dann bleibt man bei einem Wort hängen. Es ist Weiterlesen
Eigentlich wollte ich jetzt einmal eine ganze Weile Pause vom Liebster Award machen, der nun schon ein paarmal bei mir gelandet ist. Sich jedoch im Rahmen des Liebster Award in der Liste lesenswerter Blogs von Anna Schmidt von Bunt und Farbenfroh wiederzufinden, das ist eine Ehre, die ich nicht Weiterlesen
Déjà vu-Erlebnisse können wie Sternschnuppen sein. Mal lassen sie ewig auf sich warten, mal geht ein wahrer Regen nieder.
Ich nehme den Hauch einer Mischung aus Ostseeluft, Seetang, Raps und Pronto aus der Sprühflasche wahr, den es in der Stadt an der Emscher so eigentlich gar nicht geben dürfte. Wie auf dem Holodeck bei Star Trek verschwindet unsere Wohnungstür vor meinen Augen und verwandelt sich in den Eingang zu unserer Ferienwohnung an der Ostsee, frisch geputzt von unserem wunderbaren Hausgeist Anna. In der ungreifbaren Ahnung des Bruchteils einer Sekunde flackert es als vager Schatten auf, ist so real wie damals und verflüchtigt sich wieder. Ein Wimpernschlag dauert länger.
Eine ganz bestimmte Note frisch gemähten Heus trifft mich und ich stehe neben meinem Onkel auf seinem Bauernhof. Gleich gehen wir raus in die weiten Felder, um einen Drachen steigen zu lassen.
Eine kleine Brise streicht mir eine Haarsträhne aus der Stirn. Sie riecht nach Fischbrötchen und Schiffsdiesel. Der Bahnsteig in Bottrop wird zur Brücke des Fährschiffes Karl Carstens, die ich als Vierzehnjähriger besichtigen durfte.
Es nimmt zu und ist wirksamer als jedes Foto, je älter ich werde. Eigentlich albern, schon mit einundvierzig vom Älterwerden zu sprechen – andererseits hat man die halbe Strecke auf dem Weg vom Kuscheltuch zur Rheumadecke (danke, Ina Müller) nun hinter sich, mit jedem neuen Jahresring wächst der Vorrat an Erinnerungen. Ebenso die Chance, den ein oder anderen „Altbestand“ in einer obskuren Ecke der Windmills of Your Mind zu vergraben. Darum will ich diesen Sternschnuppenregen auch gar nicht analysieren. Ich nehme ihn lieber genussvoll als freundliches Mitbringsel des Älterwerdens mit. Die weniger schönen drängen sich noch früh genug auf.
Morgen fahre ich für ein paar Tage zu meiner Schwester. Ein großes Familienfest steht an – mit Kirchgang, Mittagessen, Riesenkaffeetafel und allem Drum und Dran. Auf dem Land sind solche Feste eben nicht nur Feste, sondern auch ein Schaulaufen vor der Nachbarschaft, was man in der Hauswirtschaft so „drauf“ hat und was man sich leisten kann. Die Vorbereitungen für solche Ereignisse sind natürlich enorm, also helfe ich mit dem größten Vergnügen.
Ich liebe solche Riesenauftriebe. Früher waren wir mit allen Onkeln, Tanten und sonstigen Anverwandten um tausend Ecken ein so riesiger Clan, dass jedes Jahr mindestens zwei solch großer Jubelfeiern ins Haus standen. Mitunter sorgte das für logistische Herausforderungen. Nur unser Onkel mit Bauernhof und Deele hatte genügend Platz, um mehr als 40 Gäste gleichzeitig zu empfangen und ein Buffet mit raumfüllenden Speisen wie ein 12-kg-Parmaschinken am Stück und unzähligen Torten zu beherbergen. Bei uns anderen mit normal dimensionierten Mietwohnungen und „Omma ihr klein Häuschen“ war das schon schwieriger, aber nicht weniger schön.
Doch egal, ob trautes Heim, open air mit Bierwagen oder gemieteter Saal – eins war immer gleich: Die eigentliche Feierei fanden wir Heranwachsenden stets öde, darum haben wir uns jedesmal gleich nach Ankunft selbst in die Küche oder hinter den Tresen abkommandiert. Buffet auffüllen, Garderobiere spielen, ein Auge drauf haben, wem nachgeschenkt werden musste, Kaffee servieren, den Betrieb hinter der Theke schmeißen. Wer mit zwölf noch kein Bier so zapfen konnte, dass die Erwachsenen zufrieden waren und uns fünfzig Pfennig oder gar eine Mark für die nach der Feier gerecht aufgeteilte Gemeinschaftskasse zusteckten, hatte einen bannig schweren Stand! Halbwüchsig, wie wir waren, sahen wir uns als die eigentlichen Chefs der ganzen Chose. Futtern, saufen trinken und schnacken konnte jeder – aber WIR hielten die Show am Laufen!
Die Erwachsenen haben sich milde lächelnd zurückgehalten, uns machen lassen und sich gefreut, dass sie dadurch mehr Zeit zum Klönschnack hatten.
Tja, am kommenden Sonntag bin ich dann in der Rolle des milde lächelnden Erwachsenen. Fühle ich mich alt damit? Nö, überhaupt nicht.
Alt fühle ich mich mit der Tatsache, dass mein Neffe und seine Konfirmation der Anlass für dieses Familienfest sind. Der Junge ist vierzehn, dabei könnte ich schwören, meine Schwester hat ihn gestern erst entbunden!
Schon Grethe Weiser wusste: Wenn man Kamin nicht Kamin ausspricht, sondern mit leicht französischem Näseln Camahng sagt, klingt das Ganze gleich viel schicker und internationaler. Weiser durch Grethe!
Kreativität mit Sprache ist wunderbar – wenn es mir nicht so ginge, würde ich nicht selber mit Worten arbeiten. Aber manche Kreationen sind schlimmer als Opas Diaabend zum Schwarzwaldurlaub. Wir alle kennen die bekannten Beispiele, wie’s auf gar keinen Fall laufen sollte – Public Viewing als neues deutsches Gemeinschaftserlebnis. Nichts hebt die Stimmung mehr als eine öffentliche Leichenschau mit hunderten begeisterten Fans! „Gebt mir ein L! Gebt mir ein E! Gebt mir ein I! Gebt mir ein C! Gebt mir ein H! Gebt mir ein E! LEICHE! Go, Leiche Go!!!“
Weniger oder (meist) mehr verunglückte Wortspiele allerorten, weil die Nation zeigen will, wie hip ihr Sprachumgang ist. Dabei führt diese Inflation mitunter nur dazu, dass selbst der Umgang mit normalen Worten ganz furchtbar schiefgeht.
Gestern war ich im Lebensmittelmarkt meines Vertrauens und bekam mit, wie eine junge Kundin Marke „Karrieregirl mit zuviel Make up für zu wenig Gesicht – versteckt unter der Brille der Stubenfliege Puck“ nach Gillianennis (sprich: „Tschilliänännis“) fragte. Die Miene des Supermarktmitarbeiters verformte sich zu einem gigantischen Fragezeichen. Was konnte Gillianennis nur sein? Ein Putzmittel? Ein Nerventonikum? Eine englische Käsesorte? Ein irischer Whisky? So klär mich doch auf, Frollein!
Die Kundin dirigierte ihn in die Süßwarenabteilung, wo sie nach einigem Suchen selber fündig wurde. In ihrem Einkaufswagen landete ein Päckchen… Gelee Ananas.
Hinweis: Die Titelgraphik dieses Beitrags stammt aus dem Pool frei verwendbarer Bilder von Pixabay und befindet sich unter dem Vermerk CC0 der Creative Commons in der Public Domain.
Es gibt Tage, die besondere Überraschungen bereit halten. Der vergangene Ostersonntag startete eigentlich ganz normal. Ja, mein Wiegenfest stand an, dennoch hieß es auch an diesem Morgen wie an jedem Tag: Wecker. Aufstehen. Frühstücken. Anziehen. Joggen.
Bis vor etwas über einem Jahr bestand mein Tagesbeginn nur aus den ersten vier Punkten. Nie hätte ich mir träumen lassen, dass Punkt fünf einmal unverzichtbar sein würde. Von allen sportlichen Aktivitäten war Jogging irgendwie für mich immer die am wenigsten reizvolle. Durch einen Zufall entdeckte ich es im Frühjahr 2013 aber doch für mich, seitdem jogge ich jeden Tag zwischen acht und zwölf Kilometern.
Es ist eine Art Meditation, denn inzwischen bin ich an dem Punkt angelangt, an dem es mir wirklich gelingt, beim Jogging an nichts, rein gar nichts zu denken. Wenn die Welt sich entscheidet, ausgerechnet in diesen fünfundsiebzig Minuten unterzugehen – bitte, gerne. Aber ohne mich. Bin beschäftigt. Unabkömmlich. Neue Vitalität sammeln.
Mit jedem Laufschritt werfe ich Ballast ab und werde entspannter, gleichzeitig aber auch offener und sensibler für das, was der Tag so bringt.
So auch am Ostersonntag. Da läuft plötzlich ein anderer Jogger an mir vorbei – ich weiß nicht mal, ob Mann oder Frau – und zieht eine parfümierte Duftwolke hinter sich her, durch die sich die Eisenbahnbrücke, über die ich grade laufe, in das Badezimmer unserer Ferienwohnung in Dahme an der Ostsee verwandelt. Ich bin wieder sechs Jahre alt, und bekomme von Oma das Gesicht gewaschen – mit einem eiskalten Waschlappen, auf dem sie vorher großzügig Seife der heute längst vergessenen Marke Atlantik verteilt hat. Eines dieser besonderen, willkommenen, von einem Duft, einem Geräusch oder auch nur einem Windhauch getriggerten Déjà vu-Erlebnisse, die längst vergangene Momente zurückbringen und die Erinnerung für den Nanobruchteil einer Sekunde wieder zur Realität werden lassen.
An Ostersonntag habe ich viele liebe Geburtstagsüberraschungen bekommen, doch dieser Die Atlantik an der Ostsee-Moment war die schönste, der lange nachgehallt hat.
Gestern am späten Nachmittag dann die traurige Überraschung, dass just an diesem Ostersonntag Ilse Gräfin von Bredow in Hamburg verstorben ist. Abschied von einer geschätzten Autorin, deren Geschichten in Büchern wie Kartoffeln mit Stippe und Ein Bernhardiner namens Möpschen graue Alltagsmomente verschwinden ließen – und die letztlich auch einer der Anstoßgeber war, warum ich selber mit der Schreiberei angefangen habe.
Hier wird gefeiert, dort wird Abschied genommen.
So oder so ist das Leben.* Viva la vida!**
Gelegentlich stößt man im Web, vor allem in Social Networks, immer wieder auf eine Collage mit Szenenfotos aus der Sitcom The Big Bang Theory. Ich bin nicht wirklich Fan dieser Serie, doch wenn ich zufällig mal über eine Episode stolpere und dabei hängen bleibe, finde ich sie durchaus amüsant.
Bei The Big Bang Theory geht es um die WG der Wissenschaftler Leonard und Sheldon, deren streberhafte, vollkommen auf Logik und hauptsächlich auf ihre Arbeit bzw. ihre beinahe manisch ausgelebten Hobbies (StarTrek etc.) fixierte Lebensart in ständigem Zweikampf mit der „normalen“ Welt steht, die hauptsächlich von ihrer sozialkompetenten, mit gesundem Menschenverstand, vor allem aber mit Herz und Gefühl ausgestatteten Nachbarin Penny verkörpert wird und die den beiden Jungs durch die Tücken eben jener „normalen“ Welt hilft. My fair Lads statt My fair Lady, sozusagen.
Wie gesagt: Es handelt sich um eine Sitcom, pure Unterhaltung also. Besagte Collage sieht das hingegen anders. Der Begleittext zu den Fotos behauptet, diese Serie sei subventionierte Propaganda (ob vom Staat oder von großen Unternehmen – Soylent Green lässt grüßen – bleibt auffällig nebulös), über welche die Fans der Serie manipuliert werden sollen, sich mit den Hauptcharakteren zu identifizieren, ihnen nachzueifern und dabei jegliche menschliche Regung wie Empathie zugunsten von kalter Logik abzulegen und in harten wissenschaftlichen Fakten die einzig wahre Lösung aller Probleme zu sehen. Und das Ganze ist nicht etwa als Satire gemeint – es ist den Urhebern vollkommen ernst.
Sitcoms sind also subliminal verabreichte Propaganda, ja sogar Gehirnwäsche.
Aha.
Na, dann möchte ich mal wissen, von welch‘ düst’rer Vereinigung meine persönlichen TV-Lieblinge Mrs Brown’s Boys beeinflusst sind…
Stop, lieber doch nicht.
Müssen wir denn wirklich hinter allem und jedem eine böse Absicht, eine gar fürchterlüche Verschwörung, einen gemeinen Plan des Bösen vermuten? Sollen… nein, wollen wir wirklich alle zu Zynikern werden, die einem Kind das Lebkuchenherz vom Weihnachtsmarkt wegnehmen und zertreten, um ihm frühzeitig zu zeigen, dass es besser ist, die negativen Seiten der Welt hervorzuheben statt jenen, die wirklich gut sind?
Nicht mit mir. Ich weigere mich, soviel Negativität in mein Leben zu lassen.
Eine Sitcom ist eine Sitcom ist eine Sitcom.
Basta.