Man ist so jung, wie man sich fühlt

Gestern Abend hat unser Nachbar auf dem Weg zurück vom Lebenmittelladen auf einen kleinen Plausch bei uns reingeschaut. Mit fast siebzig Jahren ist er nicht mehr der Allerjüngste, und darum habe ich ihm hinterher die Tasche mit seinem Grünzeug und die schweren Flaschen mit Wasser in seine Wohnung getragen. Wie das bei Nachbarn, die gut miteinander auskommen, so geht, haben wir uns gleich nochmal verquatscht. Als ich eine halbe Stunde später wieder runter in unsere Wohnung gekommen bin, fragt mein Mann mich: Weiterlesen

Een is so jung as een sik föhlt

Gestern Obend hett uns Naver op ’n Weg torüch vun’n Greunhöker op ’n lütten Schnack bi uns inkiekt. Mit meist söbentig Johrn is he nich mehr de Allerjüngste, un dorüm heff ik ehm achterno de Tasch mit sien Greuntüch un de sworen Buddels mi Woter in sien Wohnung tragen. Wie dat bi Navers, de goot miteenanner utkümmt, so geiht, hefft wi uns glieks nochmol verschnackt. As ik no’n halve Stünn wedder dool in uns Wohnung kamen bün, froogt mien Mann mi: Weiterlesen

Das Gekrakel von Delphi

„Vom Grips her mag es nicht gereicht haben, aber von der Sauklaue her könnte er Arzt sein.«

Ein wenig schmeichelhaftes Bonmot, aber leider auch irgendwie passend. Meine Schwester hat es irgendwann geprägt, als ich den familiären Einkaufszettel im Elternhaus um ein paar von mir gewünschte Artikel ergänzt hatte und niemand so recht schlau daraus wurde, was da eigentlich haben wollte. Weiterlesen

Kreislauf des Lebens

In der hintersten Ecke unseres Schlafzimmers steht seit Jahren eine Kiste mit Schallplatten. Die stammt noch aus der Zeit, als ich noch aktiv gesammelt habe. In dieser Kiste landeten vorrangig die Dinge, die ich für meine Sammlung nicht wirklich gebrauchen konnte, weil ich sie entweder schon hatte oder nicht zu meinen Sammelvorlieben passten. Aber es war immer gut, einen gewissen Vorrat zu haben, den man dann wie deroeinst in der Grundschule die Panini-Bildchen tauschen konnte. Weiterlesen

Schockierende Entwicklung

Meine Mutter war sechsundvierzig, als mein Großvater sie eines Tages unvermittelt fragte: „Wie lange willst du das eigentlich noch machen?“

Worauf meine Mutter genau so wie wir anderen bei der freitäglichen Familienkaffeestunde vollkommen verständnislos aus der Wäsche guckte. „Was?“

„Na, diese moderne… äh, Musik.“

Es war 1995, und im Radio lief gerade Scatman. Ein Lied, bei dem meine Mutter recht lebhaft „mitging“, was für sie ein wenig ungewöhnlich war, aber auch bedeutete, dass ihr dieses Stück von Scatman John sehr gefiel.

Heute sind die Grenzen da ja ziemlich verschwommen und Greise hören Techno ebenso wie sich Teenager Tickets für den Musikantenstadl on Tour kaufen, aber vor zweiundzwanzig Jahren funktionierte die natürliche Trennung der Generationen im Bereich der Musik noch recht zuverlässig: Weiterlesen

Die Imponderabilien der cleveren Fische

Neulich habe ich eine sehr liebe Mail von einem Leser bekommen. Da war viel Lob drin, aber auch eine kleine konstruktive Kritik: Weiterlesen

Der Zahn der Zeit

Woran erkennt man, dass selbiger langsam an einem nagt? Daran, dass man die Diagnose erhält „Sie haben Wasser, Kalk und Steine“? Blödsinn. Dann braucht man nur noch den künftigen Keller ausschachten und kann mit dem Hausbau loslegen. Weiterlesen

Ein Bett für den Kartoffelbrei

KartoffelbreiÜberall hört man man vom Energiesparen, und es gibt die tollsten Modelle dafür, ich brauche sie gar nicht aufzuzählen. Keine Verbrauchersendung in Funk und Fernsehen, keine Zeitungsrubrik, die uns nicht täglich die neuesten sensationellen Tips verrät.

Unsere Großeltern und Urgroßeltern können darüber nur müde lächeln. Die waren nämlich lange vor uns in der Verlegenheit, mit wenig Energie auszukommen. Damals nannte sich das nur nicht Umweltschutz sondern Stromsperre und war ein (nach)kriegsbedingter Auswuchs, mit dem es gewitzt umzugehen galt.

Wir können uns das heute gar nicht mehr vorstellen – wir werden ja schon hysterisch, wenn mal die Sicherung rausfliegt und für fünf Minuten das Internet nicht funktioniert, wir unser Smartphone nicht aufladen können. Von unserem Kaffeevollautomaten gar nicht erst zu reden!

Doch Generation Oma hatte gar keine andere Wahl, wenn es nur ein oder zweimal am Tag für nur jeweils eine Stunde Strom (und auch Gas gab). Das ganze war obendrein noch streng kontingentiert, und wer am Monatszehnten (oder vielleicht sogar eher…) seine Ration schon aufgebraucht hatte, konnte bis zum nächsten Ersten seine Kartoffeln einzeln über einer Kerzenflamme einem Hindenburglicht rösten.

Doch Not macht bekanntlich erfinderisch. Beim Kochen beispielsweise: Sollte es etwa Stampfkartoffeln geben, wurden die Kartoffeln ganz normal geschält und dann in einen Topf mit Wasser gegeben. Deckel drauf, ab auf den Herd damit, und zwar gerade eben nur so lange, bis das Wasser richtig zu sieden anfing. Dann musste es ganz schnell gehen: Flamme aus, den Pott in zwei Handtücher, noch eine dicke Wolldecke drum und dann das Ganze unter die dicken Winterplumeaus ins Bett gepackt. Nun musste man noch einfach zwei, drei Stunden Geduld haben, und dann waren die Kartoffeln weich genug, um gestampft zu werden. Manchmal waren sie sogar schon so zerfallen, dass einfaches Rühren reichte. So wurde mit allen Gerichten verfahren: Eintöpfe, Äpfel fürs Kompott, Hühnerbrühe mit Reis, Graupensuppe, Haferschleim… Alles wurde zum Fertiggaren in die Heia gebracht.

Manch handwerklich begabter Mitmensch der damaligen Zeit erlebte einen wahren Kreativitätsschub. Mit Hilfe alter Koffer, Nachtkommoden, Wäschetruhen, vor allem aber ausrangierten Kissen und Decken wurden ganz raffinierte Kochmöbel gebaut, doch die meisten waren mit der Bettmethode vollkommen zufrieden. Was aus einmal aus der Not geboren wurde, entwickelte sich später, als Gas- und Stromsperre der Vergangenheit anhörten, zum echten Modell für das Portemonnaie der sparsamen Hausfrau, zumal diese Methode auch zum Warmhalten bestens geeignet war. Meine Oma selig hat bis zum Schluss so gekocht und durfte sich jedes Jahr über eine satte Rückzahlung bei der Stromabrechnung freuen, während alle um sie herum über die Nachzahlung stöhnten.

Natürlich braucht diese Methode einiges an Zeit, zumal jedes Gericht verschieden lange dauert, aber was soll’s? Wenn man den organisatorischen Dreh raus hat, funktioniert es ganz wunderbar. Ich hab’s erst heute wieder einen Pott Kartoffeln so „gekocht“.

Inzwischen kommt dieses langsame Kochen wieder richtig in Mode, nennt sich Slow Cooking im Crock Pot, gilt nicht nur als energiesparend wegen des geringen Verbrauchs, sondern auch als unheimlich gesund, weil so schonend gegart wird, und kostet in der Anschaffung erstmal einiges an Geld. Ich bleib da bei der von Oma gelernten Methode – dafür habe ich alles da und ich freue mich jedes Jahr über eine satte Rückzahlung bei der Nebenkostenabrechnung, während um mich herum…