Hemdsärmelig

oder: O tempora, o mores

 

1987

Meine Mutter brauchte für einen festlichen Anlass eine neue Bluse. Also hat sie sich eine im Katalog des Versandhauses ihres Vertrauens ausgesucht. Nur sechs Häuser weiter von uns gab es ein Reisebüro, das auch eine Agentur des Versandhauses beherbergte. Auf dem Weg zum täglichen Einkauf gab sie dort en passant den Bestellzettel ab: Bestellnummer, Artikelbezeichnung, Größe, Preis.

Vier Tage später rief Frau Müller-Meier-Schulze-Schmidt (Name von der Redaktion geändert), die Besitzerin der Agentur, bei uns an: Weiterlesen

Das Leben ist am schwersten…

… drei Tage vor dem Ersten.

Sagt der Volksmund.

Diesem sei an dieser Stelle erwidert: Von wegen! Denn an den besagten drei Tagen mag das Portemonnaie zwar in der Tat ziemlich leer sein. Das hat allerdings zur Folge, dass sich der schwerste Tag im allmonatlichen Kreislauf verschoben hat,  nämlich direkt auf den Ersten.

Zu den unbestreitbaren Vorteilen, sein privates Habitat in einem so genannten Szene- oder In-Viertel verorten zu können, gehört zweifellos die entsprechend ausgebaute Infrastruktur. In unserem Quartier sind wir in der Tat auch bestens versorgt. Fünfzehn Gehminuten sind es bis zum Hauptbahnhof, zehn bis zur Fußgängerzone der Innenstadt bzw. zum städtischen Theater nebst Opernhaus, und im Umkreis von nur fünf Minuten haben wir Zugang zu fünf Bushaltestellen, einer S-Bahn-Station sowie zu drei Stationen der der Stadtbahn. Weiterlesen

Das Pferd frisst keinen Gurkensalat

Die geschätzte Kollegin Anna Schmidt vom Blog Bunt und farbenfroh aus Berlin hat wieder einmal einen großartigen Artikel geschrieben. Weiterlesen

Morgenlatte (hochdeutsch)

Am vergangenen Mittwoch hat es hier ausnahmsweise mal einen zweiten plattdeutschen Blogartikel für den aktuellen Monat gegeben. Die hochdeutsche Übersetzung gibt’s heute – viel Spaß:

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Ein Bett für den Kartoffelbrei

KartoffelbreiÜberall hört man man vom Energiesparen, und es gibt die tollsten Modelle dafür, ich brauche sie gar nicht aufzuzählen. Keine Verbrauchersendung in Funk und Fernsehen, keine Zeitungsrubrik, die uns nicht täglich die neuesten sensationellen Tips verrät.

Unsere Großeltern und Urgroßeltern können darüber nur müde lächeln. Die waren nämlich lange vor uns in der Verlegenheit, mit wenig Energie auszukommen. Damals nannte sich das nur nicht Umweltschutz sondern Stromsperre und war ein (nach)kriegsbedingter Auswuchs, mit dem es gewitzt umzugehen galt.

Wir können uns das heute gar nicht mehr vorstellen – wir werden ja schon hysterisch, wenn mal die Sicherung rausfliegt und für fünf Minuten das Internet nicht funktioniert, wir unser Smartphone nicht aufladen können. Von unserem Kaffeevollautomaten gar nicht erst zu reden!

Doch Generation Oma hatte gar keine andere Wahl, wenn es nur ein oder zweimal am Tag für nur jeweils eine Stunde Strom (und auch Gas gab). Das ganze war obendrein noch streng kontingentiert, und wer am Monatszehnten (oder vielleicht sogar eher…) seine Ration schon aufgebraucht hatte, konnte bis zum nächsten Ersten seine Kartoffeln einzeln über einer Kerzenflamme einem Hindenburglicht rösten.

Doch Not macht bekanntlich erfinderisch. Beim Kochen beispielsweise: Sollte es etwa Stampfkartoffeln geben, wurden die Kartoffeln ganz normal geschält und dann in einen Topf mit Wasser gegeben. Deckel drauf, ab auf den Herd damit, und zwar gerade eben nur so lange, bis das Wasser richtig zu sieden anfing. Dann musste es ganz schnell gehen: Flamme aus, den Pott in zwei Handtücher, noch eine dicke Wolldecke drum und dann das Ganze unter die dicken Winterplumeaus ins Bett gepackt. Nun musste man noch einfach zwei, drei Stunden Geduld haben, und dann waren die Kartoffeln weich genug, um gestampft zu werden. Manchmal waren sie sogar schon so zerfallen, dass einfaches Rühren reichte. So wurde mit allen Gerichten verfahren: Eintöpfe, Äpfel fürs Kompott, Hühnerbrühe mit Reis, Graupensuppe, Haferschleim… Alles wurde zum Fertiggaren in die Heia gebracht.

Manch handwerklich begabter Mitmensch der damaligen Zeit erlebte einen wahren Kreativitätsschub. Mit Hilfe alter Koffer, Nachtkommoden, Wäschetruhen, vor allem aber ausrangierten Kissen und Decken wurden ganz raffinierte Kochmöbel gebaut, doch die meisten waren mit der Bettmethode vollkommen zufrieden. Was aus einmal aus der Not geboren wurde, entwickelte sich später, als Gas- und Stromsperre der Vergangenheit anhörten, zum echten Modell für das Portemonnaie der sparsamen Hausfrau, zumal diese Methode auch zum Warmhalten bestens geeignet war. Meine Oma selig hat bis zum Schluss so gekocht und durfte sich jedes Jahr über eine satte Rückzahlung bei der Stromabrechnung freuen, während alle um sie herum über die Nachzahlung stöhnten.

Natürlich braucht diese Methode einiges an Zeit, zumal jedes Gericht verschieden lange dauert, aber was soll’s? Wenn man den organisatorischen Dreh raus hat, funktioniert es ganz wunderbar. Ich hab’s erst heute wieder einen Pott Kartoffeln so „gekocht“.

Inzwischen kommt dieses langsame Kochen wieder richtig in Mode, nennt sich Slow Cooking im Crock Pot, gilt nicht nur als energiesparend wegen des geringen Verbrauchs, sondern auch als unheimlich gesund, weil so schonend gegart wird, und kostet in der Anschaffung erstmal einiges an Geld. Ich bleib da bei der von Oma gelernten Methode – dafür habe ich alles da und ich freue mich jedes Jahr über eine satte Rückzahlung bei der Nebenkostenabrechnung, während um mich herum…

Fastenkur

Seit Montag bin ich auf Diät. Nein, nicht die mit kalorienzählen. Die mit Bits und Bytes zählen. Sprich: Ich will meinen Internetkonsum deutlich reduzieren. Ich hänge beruflich schon genug vor der flimmernden Scheibe rum, da darf es außerhalb der Bürostunden künftig gerne weniger sein.

Vom Browser meines Smartphones habe ich sämtliche „Spaßlinks“ aus den Favoriten bzw. Apps gekillt und nur die nützlichen (Zugfahrplan etc.) behalten. Ähnlich konsequent ging’s am Schlepptop weiter – auch hier haben sich die Reihen der Favoriten merklich gelichtet. Fast alle Forumsmitgliedschaften sind komplett gekündigt; nur eine habe ich noch behalten, und die wird künftig auf maximal zwei Stunden am Wochenende beschränkt.

Nach fast einer Woche steht fest: Es hat sich gelohnt, weil ich nicht das Gefühl habe, etwas zu verpassen. Im Gegenteil. Ich hab‘ mich mal mit Freunden zu richtig tollen, intensiven Klönschnacks getroffen, mal nachmittags noch eine weitere kleine Joggingrunde eingeschoben, mal ein paar immer wieder verschobene Kleinigkeiten im Haus erledigt und generell das Gefühl gehabt, viel mehr Sinnvolles gemacht zu haben.

Ich hab‘ auch mehr gelesen. Nur an der Literatur an sich sollte ich noch schrauben – die zauberhaften Memoiren My Life in France der amerikanischen Köchin Julia Child und Fannie Flaggs Fried Green Tomatoes at The Whistle Stop Café haben mich zu Höchstleistungen in der Küche animiert. Da muss ich echt aufpassen. Sonst wird trotz Sport am Ende doch noch eine Diät fällig. Dann aber doch die mit den Kalorien.