Ruf doch mal an

Mein Mann (oder wie ich ihn bisweilen nenne: der Erbschleicher) und ich kloppen uns ja immer, wer länger mit meinem alten Herren telefoniert. Ischa schon komisch, näch: Mein Dad telefoniert eigentlich nicht gerne, aber im Schnack mit meinem Mann wird er plötzlich sabbelig!

Wie dem auch sei – gerade bei einem neuerlichen „Disput“ ( 😉 ) verquasselt mein Mann sich und sagt: Weiterlesen

It’s a kind of magic

Schwenkragout.

Im Duden ist dieses Wort nicht zu finden, Google kennt es nicht, Wikipedia hat es auch nicht im Bestand, und selbst das eigene Stadt-Wiki für unser Dorf „janz weit draußen“ hat kein Suchergebnisse ausgespuckt.  Echt selten, dass eine Spezialität der regionalen Küche so speziell ist, dass sie sich scheinbar nur auf den einzigen Schlachter im  Vorort vom Vorort eines Vorortes bezieht. Weiterlesen

Stornierte Reise

Von den Amsterdamse Grachten sang Wim Sonneveld, Louis Davids erzählte gemeinsam mit Johnny Jordaan und Tante Leen vom Leben Bij ons in de Jordaan, seine Schwester Henriette „Heintje“ Davids (die so oft auf ihre „wirklich allerletzte Tournee“ ging und dann doch wieder ein Comeback startete, dass man ein ganzes Phänomen nach ihr benannte) trällerte von einer Draaiorgel (Drehorgel), und natürlich sollen die von Mieke Telkamp besungenen Tulpen uit Amsterdam nicht vergessen werden.

Es gibt so einiges an Liedern über die ganze Stadt Amsterdam oder ihre Viertel wie den Jordaan und ihre Sehenswürdigkeiten wie die Drehorgeln. Andere Ortschaften haben es da deutlich schwerer, auch nur mit einer einzigen Hymne geehrt zu werden. Weiterlesen

Herbst

Seit dem letzten Wochenende lässt es sich nicht mehr leugnen: Es ist Herbst geworden. Der Sommer ist nun wirklich vorbei, die Blätter an den Bäumen werden nun allmählich gelb, gold und braun, bis sie ganz abfallen.

Um diese Zeit im Jahr hat mein Vater führer immer den Koks für den Winter kommen lassen.

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Harvst

Siet ’n lotern Weekenenn loot sik dat nich mehr leugnen: Dat is Harvst worrn. De Sommer is nun weerklich vorbi, de Blätters an de Booms weern nu bileten geel, güllen und bruun, bit se ganz avfallen.

Um düsse Tiet in’t Johr hett mien Vadder freuher jümmers ’n Koks för’n Winter kamen loten. Weiterlesen

Wenn ich das schon höre!

Bei Hanns Dieter Hüsch war es die Mehlschwitze. Er fand diese Saucengrundlage nicht nur an sich grauenhaft, sondern auch das Wort, welches negative Assoziationen bei ihm weckte: „Feine Küche Bad Salzuflen!“

Nun weiß ich nicht, durch was sich die feine Küche von Bad Salzuflen auszeichnet (oder eben nicht) und warum sie dem unvergessenen Kabarettisten so querging. Doch es gibt tatsächlich Worte, gegen die man eine solche Abneigung hat, dass sich nicht nur alle Nackenhaare aufstellen, sondern man auch die abstrusesten Verbindungen herstellt.

Ein solches Wort kommt bei mir verlässlich jeden Sommer im wahrsten Sinne des Wortes auf den Tisch.  Weiterlesen

Warum Onkel toll sind (und manche Leute das endlich kapieren sollten)

Der eine Filialist hat es nicht, der andere ebenfalls nicht, auch die freundliche Dame von einem der letzten verbliebenen Buchhändler der Stadt frei von Konzerndruck bedauert, und selbst der Onlinehandel kann nicht mit dem Gesuchten aufwarten. Weiterlesen

Amüsantes Essen

Moin!

Am vergangenen Mittwoch gab’s wieder einen plattdeutschen Artikel hier im Wortgepüttscher, und wie immer möchte ich die hochdeutsche Übersetzung für die nicht-platten Leser nicht schuldig bleiben. Hier ist sie: Weiterlesen

Willkommenes Déjà vu

Déjà vu-Erlebnisse können wie Sternschnuppen sein. Mal lassen sie ewig auf sich warten, mal geht ein wahrer Regen nieder.

Ich nehme den Hauch einer Mischung aus Ostseeluft, Seetang, Raps und Pronto aus der Sprühflasche wahr, den es in der Stadt an der Emscher so eigentlich gar nicht geben dürfte. Wie auf dem Holodeck bei Star Trek verschwindet unsere Wohnungstür vor meinen Augen und verwandelt sich in den Eingang zu unserer Ferienwohnung an der Ostsee, frisch geputzt von unserem wunderbaren Hausgeist Anna. In der ungreifbaren Ahnung des Bruchteils einer Sekunde flackert es als vager Schatten auf, ist so real wie damals und verflüchtigt sich wieder. Ein Wimpernschlag dauert länger.

Eine ganz bestimmte Note frisch gemähten Heus trifft mich und ich stehe neben meinem Onkel auf seinem Bauernhof. Gleich gehen wir raus in die weiten Felder, um einen Drachen steigen zu lassen.

Eine kleine Brise streicht mir eine Haarsträhne aus der Stirn. Sie riecht nach Fischbrötchen und Schiffsdiesel. Der Bahnsteig in Bottrop wird zur Brücke des Fährschiffes Karl Carstens, die ich als Vierzehnjähriger besichtigen durfte.

Es nimmt zu und ist wirksamer als jedes Foto, je älter ich werde. Eigentlich albern, schon mit einundvierzig vom Älterwerden zu sprechen – andererseits hat man die halbe Strecke auf dem Weg vom Kuscheltuch zur Rheumadecke (danke, Ina Müller) nun hinter sich, mit jedem neuen Jahresring wächst der Vorrat an Erinnerungen. Ebenso die Chance, den ein oder anderen „Altbestand“ in einer obskuren Ecke der Windmills of Your Mind zu vergraben. Darum will ich diesen Sternschnuppenregen auch gar nicht analysieren. Ich nehme ihn lieber genussvoll als freundliches Mitbringsel des Älterwerdens mit. Die weniger schönen drängen sich noch früh genug auf.

Heiße Reifen, leichte Mädchen

Böse Zungen – genauer gesagt: ich – behaupten, das Leben in dem dörflichen Vorort des Vororts der Stadt, in der ich aufgewachsen bin, wurde nur dann aufregend, wenn jemand ein lebendiges Karnickel vor den Linienbus warf, damit dieser überhaupt anhielt, aber das ist natürlich übertrieben. Ein wenig mehr (Betonung auf wenig) war schon los. Manchmal haben wir nur nichts davon mitbekommen. Meine Familie besteht nämlich aus notorischen Tiefschläfern. Neben uns könnte unbemerkt die sprichwörtliche Bombe explodieren.

In einer bestimmten Nacht vor einem guten Vierteljahrhundert war es allerdings ein Gasofen, der da unbemerkt explodierte. Das war Sensation #1.

Sensation #2 fand sich im Ort des Geschehens wieder: Als das Etablissement in die Räumlichkeiten eines ehemaligen Gasthofs eingezogen war, hatte sich bei uns erstaunlicherweise kein Protest geregt. Mit stoischem Gleichmut wurde registriert, dass es nun op’n Dörp einen Puff gab.

Zwei oder drei Jahre lang lebte man in friedlicher Koexistenz. Die meisten männlichen Pubertierenden in der Nachbarschaft, die sich optische Stimulanz, vielleicht sogar die ersten praktischen Erfahrungen vor Ort erhofft hatten und deshalb wie Kater auf Baldrian um das Haus geschlichen waren (aus bekannten Gründen war meine Wenigkeit hier ziemlich außen vor), wurden rasch bitter enttäuscht. Man bekam von dem Treiben (kein Wortspiel beabsichtigt) in dem Laden wirklich nichts mit. Zeitweise fragte man sich, ob dort überhaupt jemand verkehrte (dito).

Doch dann strebte besagter Gasofen eine neue Karriere als Rakete an. Die Feuerwehr rückte aus und hatte das Feuer bald unter Kontrolle, während verlegene Herren auf der Straße umher liefen, sich in irgendwelche Büsche schlugen, um hektisch ihre Kleidung in Ordnung zu bringen und sich dann so schnell wie möglich vom Acker zu machen. Letzteres wusste die Polizei aus Sorge um ausbleibende Zeugenaussagen natürlich zu verhindern.

Die Damen der Nacht hingegen waren die Ruhe selbst – für sie war das Feuer nicht aufregender als eine Razzia, denn trotz allem Chaos war niemand zu Schaden gekommen.

Mein Clan erfuhr all dies aus zweiter Hand, denn wir hatten rein gar nichts mitbekommen. Und das, obwohl es von unserem Haus keine hundertfünfzig Meter bis zu dem Puff waren. Als die Geschehnisse in der Nachbarschaft die Runde machten, lautete einer der Kommentare dann auch prompt: „Ihr verpennt ja sogar, wenn euer eigenes Haus fast zusammenbricht!“

Schuldig in allen Anklagepunkten… An einem Morgen kurz vorher war ich nämlich aufgestanden und ging aus meinem Dachzimmer nach unten. Ich schlurfte an dem Fenster auf halber Treppenhöhe vorbei, stutzte und kniff die Augen zusammen. Stand da wirklich ein Auto in unserem sonst so gepflegten Vorgarten? Tatsächlich. Der Maschendrahtzaun war geborsten, die beiden Koniferen waren zur Seite genickt, die Begonien plattgewalzt – und mitten auf dem Rasen stand ein Opel Kadett, dessen Fahrt durch unsere Hauswand gestoppt worden war. Vom Fahrer keine Spur.

Bald darauf klingelte unsere Hauswirtin, eine sprichwörtliche alte Jungfer und als solche mit der Situation hoffnungslos überfordert. Sie müsse die Polizei rufen, dabei wisse sie nicht mal, wann der Unfall passiert sei.

Am Ende löste sich alles in Wohlgefallen auf. Die Polizei ermittelte den Halter des Wagens, der reumütig alles zugab. Er erhielt seine Strafe, unsere Hauswirtin einen Schadenersatz und wir den Rat, unsere Ohren doch mal ein wenig mehr auf Wachsamkeit zu trainieren. Denn wäre Fräulein L. beim Prozess als Nebenklägerin aufgetreten, hätte ihr Anwalt uns als Belastungszeugen glatt abgelehnt…