
Erinnert sich noch jemand an die guten alten Butterschiffe? Das waren meist alte Seebäderdampfer, die ursprünglich als schwimmende Reisebusse erbaut worden waren, um Sommerfrischler zu ihren Zielen an Nord- und Ostsee zu bringen. Später hat man dann einen Salon an Bord zum Supermarkt umgebaut, in dem es zollbefreit Alkohol, Kaffee und die namensgebende Butter zu erwerben gab. Die Gänge waren so schmal, dass die Kunden nur im Gänsemarsch durchgeschleust werden konnten und man mehr als einmal versucht war, sich zu seinem Hintermann umzudrehen, um ihm vertraulich-verführerisch zuzuraunen: „Wenn du noch näherkommen willst, Schätzchen, ziehste aber vorher bitte ’n Kondom über, hm?“
In unserem Quartier gibt es einen Supermarkt, der in einigen Ecken an diese Zeiten zurückerinnert, und wenn man es eilig hat, ist es bisweilen etwas nervig, dass man sich nach dem Tempo der Kunden vor einem zu richten hat, bis der nächste Quergang die Flucht ermöglicht. Manchmal bietet es aber auch faszinierende Studien der menschlichen Natur.
Gestern musste ich in der Gemüseabteilung hinter einem Studentenpärchen hertrippeln, das sich sehr über die Warenpräsentation echauffierte. „Schau mal – Äpfel in Plastiktüten, um Gottes Willen!“ – „Sergio, hast du das gesehen? Keine Biomilch in Pfandflaschen!“ – „Das Fleisch nicht in Recycling-Pergament! Und fair gehandelt ist es auch nicht!“ – „Der Laden ist eine einzige Umweltsauerei, Katrin! Wenn wir es nicht so eilig hätten, um pünktlich zum Salsa zu kommen, würde ich sagen, wir lassen das und gehen in unseren Bioladen!“
So ging das fast zehn Minuten, bis ich endlich türmen konnte.
An der Kasse hatte ich die beiden wieder vor mir. Sie hatten drei Strangen Porree (immerhin mit einer Hanfstrippe zusammengebunden) und zwei Gurken im Einkaufswagen. Offenbar die einzigen Waren, die Gnade vor ihrem politisch korrekten Gewissen gefunden hatten.
Ach ja, und Kaffee hatten sie gekauft.
In Alukapseln.