Einer kam durch

Zugegeben – er ist ungenießbar. Dieser Umstand hat ihm vermutlich das Leben gerettet, doch gleichzeitig auch eine lange Wanderung beschert.

Zu Anfang, im letzten März, lag er gleich am Eingang, noch vor der Gemüseabteilung, in einem Pappkarton mit schätzungsweise hundert seiner Artgenossen. Diese wurden mit der Zeit immer weniger, bis schließlich nur noch er, dieser eine besondere, übrig blieb. Niemand nahm von ihm Notiz obwohl er wirklich auffiel, wenn er zwischen den Gurken saß oder auf den Radieschen thronte.

Zwei Monate später lag er weiter hinten auf der Aktionsfläche in den Drahtboxen. Mal in der einen, mal in der anderen. Von einem exponierten Platz auf einem Stapel Flaschen mit Maibowle arbeitete er während des Sommers über Pakete mit Lichterketten für den Balkon, Grillbesteck und Rosenscheren bis zu den letzten Flaschen Mixgetränk, Geschmacksrichtung Caipirinha, vor.

Danach schien er verschwunden zu sein, doch kurz vor St. Martin tauchte er zwischen Laternen und Backmischungen für Martinsbrezel wieder auf. Und auch danach war er immer wieder mal zu entdecken.

So wie heute. Als ich mit einem Paket Cornflakes in der Hand zur Kasse ging, lag er in der kleinen Kiste mit extrem reduzierten Artikeln – zwischen einer einzelnen Zahnbürste, einem Paket Kaffeepads und Weinbrandbohnen kurz vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums.

Der kleine Kerl tat mir leid, darum habe ich ihn fünfzehn Tage vor Heiligabend gekauft – den letzten Keramikosterhasen.

Jetzt bin ich nur auf eins gespannt: Wie lange halten wohl die Keramikrentiere durch, die nun am Eingang liegen?