Schlechtes Timing

Nun ist sie also durch den Bundestag – die Ehe für alle. Nach Ansicht der Politikbeobachter ist es bei der Abstimmung am letzten Freitag ja nicht mehr darum gegangen, dass die Mehrheit zustande kommt, sondern bloß noch, wie hoch sie ausfällt. Und die ist ja dann auch erstaunlich hoch gewesen mit einem ganzen Berg Stimmen aus der CDU. Sogar aus der CSU sind ein paar „Ja“-Stimmen gekommen.

Das ist alles noch nicht völlig in trockenen Tüchern, weil ja schon ein paar Leute von vorgestern gesagt haben, dass sie damit nach Karlsruhe wollen, aber ich glaube: Wirklich aufhalten kann das niemand mehr. Und das ist gut so.

Dennoch fühle ich mich überrumpelt deswegen. Weiterlesen

Slechtet Timing

Nu‘ is se also döör’n Bunnesdog döör – de Ehe föör all. No dat Meenen van de Politikbekiekers is dat bi de Afstimmung an’n lotern Freedag jo ook gor nich mehr dorüm gangen, datt de Mehrheit tostann kummt, sünnern blots no, wo hoch se utfallt. Un dat is denn jo ook wunnersom hoch wesen mit  ’n ganzen Barg Stimmen ut’n Loger vun de CDU. Sogor ut de CSU sünd ’n poor „Jo“-Stimmen kamen.

Dat is alln’s no nich in dröög Döökers, wiel jo schon so’n poor Lüüd vun vöörgestern seggt hebben, datt se no Karlsruhe domit wullen, ober ick glööv: Weerklich opholn kunn dat keeneen mehr. Un dat is goot so!

Liekers feuhl ik mi dor ’n böten wat överrummelt wegen. Weiterlesen

Es ist serviert!

1. Juli!

Ein neuer Monat bedeutet für die meisten in allererster Linie zunächst einmal: Zahltag. An den Bankautomaten und Geldschaltern wird’s heute richtig voll. Bringt Zeit mit dorthin!

Für mich persönlich zählt heute etwas ganz anderes: Weiterlesen

Verpasste Schönheit

„Hattu Kopf wie Sieb muttu notieren“ – die kleinen Notizblöcke mit dem gezeichneten Hasen, der hilfsbereit einen Bleistift anbietet, kennen wir alle. Sie sind auch ganz praktisch. Für das Rezept von Erbtante Mildreds Sauerkirschkuchen etwa oder eine hastig hingekritzelte Hochrechnung, Weiterlesen

Häppchenweise

20141024-01

Moin! Zum Wochenende einfach mal wieder eine Häppchensammlung mit schönen Sachen, quasi als mentaler Aperitif.

Zitat-Happen

Ein Lächeln ist eine Kurve, die alles geraderückt. (Phyllis Diller)

Erinnerungs-Happen

Hamburg, Juli 2014. St. Pauli Landungsbrücken, Brücke 3. Blick auf die Elbe. Auf dem Strom zieht der Touristendampfer Louisiana Star auf Hafenrundfahrt vorbei. Hinter mir ein paar Touristen aus den US-Südstaaten, der Southern Drawl-Akzent, dickflüssig wie Schiffsdiesel, ist unverkennbar: „Whoay dou thaey imaytayte awr Missussipay-Staemurrs? Dair’re nawt even frum hair. Dis is sawch bullshet.“

Musik-Happen

Es lässt sich nicht leugnen: Das sommerliche Wetter ist ebenso vorbei wie das Goldene am Oktober. Zeit, die Sommerplaylist und die Sommeralben vom Smartphone runterzuschmeißen und das Winterrepertoire zusammenzustellen. Die ersten Album-Kandidaten: Billy Idol: Kings & Queens of the Underground – Mando Diao: Infruset – Garou: Version Intégrale – Minnie Driver: Sea Stories – Noa: Love Medicine – Curtis Stigers: Secret Heart – Rasmus Walter: Lige her, lige nu [Akustisk].

Unterwegs aufgeschnappt-Happen

Heute Morgen beim Edeka an der Kasse, die Kunden hinter mir: „Wollsse schomma bein Bäcker gehn, Küchsken für gleich nache Omma holn?“ Das kann man nicht mal mehr mit dem Urtümlichen eines Dialekts schönreden. Das tut einfach nur körperlich weh…

Freuden-Happen

Die Jahresabrechnung für Strom und Gas hat uns eine ordentliche Rückzahlung beschert. Schön, wenn die ergriffenen Maßnahmen was bringen und man so etwas Geld für den nächsten Urlaub zurücklegen kann.

Literatur-Happen

Ich liebe die plattdeutschen Kurzgeschichten von Matthias Stührwoldt. Witzig, bodenständig, ehrlich und ganz oft zu Herzen gehend. Den noch fehlenden älteren Band Gassi gahn und das gerade neu erschienene Buch Dat meiste geiht doch vörbi habe ich heute beim Bücherhöker meines Vertrauens bestellt und kann es morgen abholen. Lesestoff fürs Wochenende: Check!

Wochenendglückseligkeits-Happen

Mein Mann hat sich mal wieder selbstgebackene Franzbrötchen gewünscht. Wer kann bei diesem lieben Blick schon „Nein“ sagen?

Erkenntnis-Happen

Auch, wenn man sein altes eMail-Postfach schon über ein halbes Jahr nicht mehr nutzt, es aber aus Kündigungsfristgründen aber noch existiert, sollte man immer wieder mal reingucken – es könnte sich doch noch mal eine wichtige Nachricht anfinden…

Dumm gelaufen-Happen

Wochenausklangs-Latte Macchiato im Lieblingscafé. Der Gemahl hat einen Arzttermin, also gehe ich ausnahmsweise allein. Am Tisch gegenüber attraktive Frau von Anfang dreißig. Sie baut Blickkontakt auf, lächelt mir immer wieder zu. Kurz: Sie flirtet. Schmeichelhaft, aber aus bekannten Gründen sinnlos. Ich lächle bedauernd, halte die rechte Hand hoch und deute auf mein Rainbow-Armband. Sie versteht, doch statt die Sache mit Humor zu nehmen, wirft sie mir böse Blicke zu und einen Geldschein auf den Tisch und stapft wütend raus. Tja, wir sind wohl doch Ganoven…

Schönes Wochenende!!!

Die hohe Kunst der Selbstblockade

Genau neun Monate nach dem hohe Wellen schlagenden Coming out von Thomas Hitzlsperger ist anscheinend wieder Ruhe bei bei allen Beteiligten eingekehrt. Business as usual scheint wieder an der Tagesordnung zu sein: Bunte Aktionen bei CSD-Paraden und eher nüchterne Dinge wie Talkshowauftritte der „üblichen Verdächtigen“. Ab und zu erreicht ein Musikvideo etwas mehr Aufmerksamkeit, wird wie geschnitten Brot im Social Network angepriesen und alle weisen darauf hin, wie wichtig das Video sei, man es unbedingt teilen müsse und wie schön es wäre, wenn der im Song angesprochene Tag doch endlich kommen würde. Dazu ganz viele „Likes“ bei Statusmeldungen mit Solidäritätsbekundungen. Dabei bleibt es dann meist auch.

Kürzlich gab es einen Handlungsstrang gegen Homophobie und homophobe Lehrpläne in der ältesten deutschen Daily Soap, doch wo ist das hauptsächlich zu finden gewesen? Auf den Fanseiten der Daily Soap an sich, und ich hab’s in Just Dave’s Blog gefunden. Aber dort, wo sonst auch über diese Sendung gesprochen wird, z. B. auf den Startseiten von eMail-Providern, die sich hauptsächlich über Werbung und Klatsch aus gerade solchen TV-Sendungen finanzieren und wegen ihres Gratiszugangs entsprechend viele Menschen ansprechen, war nichts zu lesen. Selbst wenn man es im Nachhinein per Suchmaschine ausfindig machen will, ist die Ausbeute eher dürftig.

Schade, dass auch die schwule „Gemeinschaft“, die den Schritt von Herrn Hitzlsperger so kontrovers diskutiert und somit das Generalthema eine Zeit lang lebendig gehalten hat, wieder so leise geworden und vielerorts in ihre alten Muster zurückgefallen zu sein scheint. Selbst von der vor fünf Monaten nach ihrem Sieg beim ESC noch als Galionsfigur gefeierten Conchita Wurst wird nicht mehr soviel gesprochen.

Es wird wohl noch eine ganze Weile dauern, bis wir im Zeichen des Regenbogens wirklich so in der Gesellschaft angekommen (nicht assimiliert!) sind, dass wir nur noch auffallen wie das Wappentier der ostfriesischen Nationalflagge*.

Das Problem ist bisweilen hausgemacht: Bereits zum diesjährigen Hafengeburtstag in Hamburg habe ich mich gewundet, warum es eine gesondert abgeteilte Gay-Area geben sollte. Auch zum unlängst zu Ende gegangenen Oktoberfest in München häuften sich in der „Community“ wieder die überschwänglichen Bekundungen, wie sehr man sich auf den reinen Gay-Abend freue.

Rufe nach Akzeptanz, Gleichberechtigung, Integration und Toleranz also hier, genussvoller Verzehr von Extrawürsten aber dort…? Da suche ich die Sinnhaftigkeit und frage mich, was hinter dem Enthusiasmus für rein schwule Areas auf Hafengeburtstag, Oktoberfest und was es sonst noch an großen Volksfesten gibt, steckt. Selbstbetrug? Angst vor der eigenen Chuzpe? Das blinde Auskeilen dessen, der unzufrieden mit sich selbst ist? PartyPartyParty-Egoismus? Oder „nur“ Gedankenlosigkeit?

Eigentlich ist es doch ganz einfach: Verzicht auf die Extrawürste, sich nicht hinter Promiidolen verstecken und rein in die Mitte. Sich sicht- und bemerkbar machen. Ohne großes Trara. So, wie man sich im Zug auf dem nächsten freien Sitzplatz niederlässt. Ein Foto vom Herzallerliebsten auf den Schreibtisch stellem. Kommentarlos, ohne dramatische Gesten. „Ich war mit meinem Mann am Wochenende im Kino“ genau so selbstverständlich sagen, wie der heterosexuelle Kollege „mit meiner Frau“ sagt. Auf ________________ (hier Volksfest nach Wahl einsetzen) mit allen anderen zusammen feiern oder gar nicht.

Der Rückzug in die eigenen Kasten setzt die falschen Signale. Wer nicht wie eine fremde Spezies behandelt werden will, tut sich selbst keinen Gefallen, wenn er sich genau so verhält. Oder?

Doch so einfach ist es scheinbar dann wohl wieder nicht. Denn müsste sich nicht zunächst intern, in der sogenannten „Gemeinschaft“, eine ganze Menge ändern? Etwa die Diskriminierung untereinander? „Bears“ gegen „Boys“, „Jeans & T-Shirt“ gegen „Leder“ und „Fummel“, Bartträger gegen Freunde der gepflegten Rasur, Conchita Wurst-Fans gegen jene, die andere Musik bevorzugen, und so weiter. Selbst die Organisatoren von CSD-Veranstaltungen, denen ja eigentlich gerade an Gemeinsamkeit und Miteinander gelegen sein sollte, sind in einigen Städten so zerstritten, dass es Konkurrenzveranstaltungen gibt.

Man sitzt im selben Boot, doch jeder rudert in eine andere Richtung? Es ist erschreckend, mit welcher Feindseligkeit die einzelnen Gruppen sich bisweilen gegenüberstehen. Die eine gönnt der anderen kaum das Schwarze unter den Fingernägeln oder den Lack darauf. Dagegen wirkt der aktuelle Konflikt Deutsche Bahn gegen GdL (die auch grade dabei ist, sich selbst das Wasser abzugraben, wie Spiegel Online sehr treffend feststellt) wie ein gemütliches Kaffeekränzchen.

In meinem Bekanntenkreis gibt es ein Paar, dem ich für die Erlaubnis danke, folgende Begebenheit wiedergeben zu dürfen. Die beiden – nennen wir sie Butch und Sundance – sind äußerlich zwei völlig verschiedene Typen: Butch ist über Fünfzig, etwas bullig, gut behaart, also ein „Bär“ nach Definition der „Gemeinschaft“. Sundance ist Mitte Zwanzig, schlank, athletisch und rasiert sich neben dem Kinn auch Brust und Beine – ein so genannter Twink. Vor einiger Zeit war Butch bei einem alten Freund zum Geburtstag eingeladen. Er ist gebeten worden, Sundance nicht mitzubringen. Nicht, weil Sundance schlechte Manieren hat. Nicht, weil Sundance beim letzten Besuch einen Silberlöffel hat mitgehen lassen. Nicht, weil Sundance ein Charakterschwein sein könnte. Sondern einfach, weil Sundance kein „Bär ist, und das passt einfach nicht zu der Runde, die ich mir wünsche.“

O-haue-ha, da liegt noch ein langer Weg vor uns, und das hat ausnahmsweise mal wenig bis gar nix mit homophoben Spinnern zu tun.


* Wer den Kalauer nicht kennt: Weißer Adler auf weißem Grund.