10 Beobachtungen aus der Twilight Zone…

… zwischen Morgengrauen und erstem Kaffee am Schreibtisch.

 

  1. Ein fröhliches „Guten Morgen – tolles Wetter heute“ vom Balkon herunter wird um zehn nach fünf morgens nicht von jedem Nachbarn auf dem Weg zur Arbeit geschätzt.
  2. Wenn man beim Frühstück in das Pulver für seinen Protein-Shake niest, seht man hinterher aus, als wäre in einer schlechten Filmkomödie eine Kokainladung explodiert.
  3. Ein auf der Joggingpiste entgegenkommender Mann kann noch so männlich, tough, muskulös und „Woof!“-inspirierend daherkommen – wenn er das falsche Eau de Toilette trägt, verwandeln sich seine militärisch inspirierten Klamotten mit Tarnmuster vor dem geistigen Auge trotzdem in ein Tutu und ein Blumendiadem im Haar.
  4. Heinz Erhardt soll seine besten Ideen für Texte immer zuhause im „gekachelten Zimmer“ gehabt haben. Mir fallen sie dummerweise immer auf der Piste ein. Problem: Bis ich zuhause bin, habe ich die meisten wieder vergessen, und während des Laufens Aufgeschriebenes ist hinterher selbst für mich unleserlich.
  5. Mir sind in den letzten fünfzehn Jahren insgesamt vier Kinder begegnet, die mit ihrer Naseweisheit, ihrer vorlauten Art und vor allem dem nicht zur Wiedergabe geeigneten Vokabular einfach unerträglich waren. Sie haben alle Levent geheißen. Entweder liegt’s am Namen oder ich werde verfolgt.
  6. Ein Autofahrer A, der mitten auf der Straße steht, um Autofahrer B in epischer Breite dessen Fahrfehler zu erläutern, während sich hinter dem Auto von A fünf weitere Autos stauen und ungeduldig hupen, sollte vielleicht seine eigene Kompetenz überdenken.
  7. Petra Schürmann hat schon vor dreißig Jahren in einer Fernsehsendung gesagt, dass der Hosenrock der scheußlichste Modeartikel ist, den es je gegeben hat. Die Frau neben mir an der Ampel ist zu jung, um diese Sendung gesehen zu haben. Das Urteil von Frau Schürmann gilt trotzdem.
  8. Morgens um halb sieben schon Alkohol in der Öffentlichkeit zu trinken, gilt gemeinhin als nicht comme il faut. Es sich mit seinen Kumpanen der Nacht in einem Park bequem zu machen, eine Picknickdecke auszubreiten und dem Sonnenaufgang mit Bier aus polierten Pilstulpen zuzusehen, hat trotzdem irgendwie Lebensart.
  9. Die WhatsApp von einem guten Freund, die bei der Rückkehr auf mich wartet und mit der er sich für den langen Klönschnackabend gestern bis weit nach Mitternacht auf dem Balkon bei einer schönen Flasche Weißwein bedankt, bestätigt die Richtigkeit der Entscheidung, auch dieses Jahr wieder auf den Eurovision Song Contest zu verzichten.
  10. Es ist nichts schlimmer, als sich mit einer schönen Tasse Kaffee an den Schreibtisch setzen zu wollen und festzustellen, dass man gestern vergessen hat, neuen Kaffee zu kaufen.

 

Und was habt ihr heute Morgen schon erlebt?

Leser-Top-10, # 1

Ta-daaaaah!

Hier ist er also – jener Blogeintrag, der es in der Lesergunst ganz nach oben aufs Treppchen geschafft hat.

Es freut mich ganz besonders, ausgerechnet diesen Artikel noch einmal re-posten zu dürfen, denn es ist der einzige Weiterlesen

Leser-Top-10, # 3

Die letzte Urlaubswoche in der Wortpüttscherei hat begonnen – und damit kommen wir auch zu den Kandidaten für das Siegertreppchen der kleinen Nostalgierevue. Viel Vergnügen! Weiterlesen

Leser-Top-10, # 10

Alte Geschichten sind was Herrliches, wenn Oma und Opa sie erzählen. Obwohl sie sich immer gleich anhören – wie eine wieder und wieder abgespielte Schallplatte – macht es einfach Spaß, ihnen zuzuhören.

Auch wenn mir das Privileg, Großvater zu werden, aus verwehrt bleiben wird (die Gründe dafür Weiterlesen

Throwback Thursday: 1964

20141016-01Heute ist es auf den Tag genau 50 Jahre her, seit sich eine britische Sängerin ins Aufnahmestudio begab, um das Lied aufzunehmen, das eigentlich ihre Abkehr vom Gesang in der Muttersprache markieren sollte. 1961 hatte sie noch mit Sailor, der englischen Coverversion des deutschen Schlagers Seemann, deine Heimat ist das Meer von Lolita einen Platz-1-Hit feiern können, doch fast alle danach erschienenen Singles waren im Vereinten Königreich Flops gewesen.

Dafür waren in Kontinentaleuropa ihre Singles in deutscher, französischer, italienischer und spanischer Sprache so erfolgreich, dass die Sängerin beschloss, dem englischen Sprachraum den Rücken zu kehren und künftig nur noch von Paris aus zu arbeiten, wo sie ohnehin seit ihrer Hochzeit mit einem französischen Musikmanager die meiste Zeit des Jahres lebte.

Eine Abschiedssingle sollte es aber für England noch geben: Anfang Oktober 1964 hatte sich die Sängerin in ihrer Londoner Wohnung mit dem Komponisten und Arrangeur Tony Hatch getroffen, der ihr seine neuesten Kompositionen vorspielte. Keine davon konnte die Sängerin überzeugen. Schließlich spielte Hatch ihr eine noch unvollendete Melodie vor, die eigentlich für die US-Gruppe The Drifters bestimmt war, doch hier horchte die Sängerin auf. Sie bat Hatch, das Lied fertigzustellen, sie würde es aufnehmen.

Am 16.10.1964 war es soweit: Das Lied wurde aufgenommen. Dreimal, Aufnahme #2 fand schließlich den Weg in die Veröffentlichung. Das Ende der englischen Karriere war damit über Nacht vom Tisch: Platz 2 in Großbritannien, mindestens Top Five in unzähligen Ländern auf dem ganzen Globus und – noch viel wichtiger – Platz 1 in den USA, gefolgt von einem Grammy für die beste Rock ’n‘ Roll-Nummer des Jahres. Noch vor den Beatles führten Sängerin und Lied die British Invasion auf die US-Charts an. Vom europäischen Regionalstar zur Weltkarriere.

Das Lied hieß Downtown, die Sängerin Petula Clark.

Fünfzig Jahre später hat Downtown seinen Platz in der Popmusikgeschichte sicher. Es ist unzählige Male gecovert worden, Samples aus der Originalaufnahme werden in andere Songs eingebaut und auch Petula Clark selbst hat der Musikwelt immer wieder neue Variationen geschenkt. Die jüngste stammt von Anfang 2013. Statt wie etwa in den Versionen von 1976 und 1988 nur das Original zu zitieren, ist ihr mit der Version von ihrem 2013er Album Lost In You eine komplette Neuinterpretation entstanden, die – wie die Künstlerin selbst in diversen TV-Interviews erklärte – das zentrale Thema des Liedes erstmals unterstrich statt zu überspielen. Und sie hat recht – wenn man sich einmal auf den Text konzentriert, ist Downtown ein Lied, in dem es um tiefe Einsamkeit geht und die Hoffnung, diese hinter sich zu lassen. Die Originalversion von 1964 mit dem für die British Invasion typischen schnellen, wuchtigen Beat-Arrangement zeigt eine „Erzählerin“, die den Schmerz versteckt und überspielt. Die hauptsächlich von Akustikgitarren und Streichern getragene Balladenversion von 2013 lässt den Schmerz hingegen zu und zeigt weniger Optimismus im Hinblick auf dessen Vergänglichkeit. Vielleicht passt es auch deswegen so gut in unsere heutige, von teilweise selbt erschaffener Isolation durch Versinken in den Social Networks geprägte Zeit.

Welche der zahlreichen Versionen von Downtown man nun auch bevorzugen mag – es zeigt, dass es Tony Hatch und Petula Clark gelungen ist, ein wirklich zeitloses Musikstück zu schaffen, das sicherlich auch noch weitere fünfzig Jahre lang begeistern wird.