Zwischenbilanz

OLYMPUS DIGITAL CAMERAKinder, wie die Zeit vergeht. Merkt man oft dann, wenn man mal Ordnung in seinen Unterlagen schafft. Eine alte Gehaltsabrechnung noch in D-Mark – klar, ist ja auch von 2001! Ein altes HVV-Ticket von 2005 – was, so günstig war das Tagesticket für den Großbereich Hamburg mal? Die Rechnung für eine geliebte, aber als Japan-Import auch sehr teure CD – vierundsechzig Mark plus Porto und Zollgebühr für gerade mal zwölf Lieder. Oh… Da ist ja auch der erste Buchvertrag von 2009.

Fünf Jahre und drei weitere Bücher plus ein reines eBook sind also seit der Veröffentlichung meines Erstlings Strandkorb mit Rüschengardinen vergangen. Gelegenheit, mal einen Blick in die „olle Kamelle“ zu werfen. schauen, was ich damals verzapft habe.

Vor allem sehe ich Anfängerfehler über Anfängerfehler. Zuviel Vorgeschichte. Ein bisschen zu sehr Idylle. Zudem bin ich voller Sendungsbewusstsein in meiner Absicht, das schwule Leben als ganz normal darzustellen, manchmal viel zu weit übers Ziel hinausgeschossen und habe durch Überbetonung das Gegenteil bewirkt: Das Normale zur Außergewöhnlichkeit verkehrt.

Und dann der riesige Tippfehler, den sowohl ich als auch das Lektorat bei allen Besprechungen übersehen haben… An den ein oder zwei Stellen, wo der Ich-Erzähler einmal bei seinem Namen genannt wird, prangt nicht das eigentlich vorgesehene fiktive Tim Hansen, sondern mein eigener Name. Ja, natürlich sind einige Dinge autobiographisch eingeflossen, doch insgesamt ist vieles, vieles, vieles ist reine Fiktion. Eigene Erfahrungen teilen, gerne – aber nur bis zu einem gewissen Grad. Also mussten reale Erlebnisse durch vollkommen neu ersponnene ersetzt werden. Von den Namen ganz zu schweigen… da stimmt nicht ein einziger.

Bei der 2. und 3. Auflage ist der Tippfehler auch drin geblieben. Ich hab’s als Mahnung genommen, was passieren kann, wenn man als Erstling eine Ich-Erzählung schreibt und man sich zu sehr an seinen Lieblingsautoren orientiert. Aber damit stehe ich nicht alleine – selbst um Myriaden größere Autorengeister als ich es bin haben diese Absolute Beginner-Erfahrung gemacht. Agatha Christie etwa hat sinngemäß geäußert, dass ihre ersten drei, vier Romane genausogut Abenteuer von Sherlock Holmes und Arsène Lupin hätten sein können, weil sie sich zu sehr von von ihren Autorenidolen Sir Arthur Conan Doyle und Maurice Leblanc hat beeinflussen lassen. Warum sollte es mir kleinem Licht da anders gehen?

Ich weiß – im Nachhinein findet man bei allem stets etwas, das man heute anders machen würde. Bleibt doch nicht aus, denn man hat Erfahrungen gesammelt, die eigene Schreibe entwickelt und verfeinert sowie den Blick geschärft.

Trotzdem: Anders als einige Musiker, die schamhaft ihre ersten großen Hits verleugnen und sich teilweise sogar weigern, überhaupt drüber zu sprechen, stehe ich weiterhin zu diesem Buch. Mit allen Fehlern, die da drin sind. Jeder von uns hat mal seine erste Zeit irgendwo gehabt, sei es im Beruf, sei es ehrenamtlich, sei es als Ehemann – sonstwas. Jede Erwartung einer perfekten Leistung an diesem Punkt ist Unfug. Wir tasten uns ran, tapern herum, haben kleine Einbrüche auf dem dünnen Eis bis wir die tragenden Stellen gefunden haben. Rückblickend kann/soll/darf man dann auch stolz auf den ganzen Weg sein – inklusive der nassen Füße, die man sich geholt hat. Und auf den ersten Schritt erst recht.

Das letzte Kapitel

Seit fast drei Wochen ist Frag doch das Vanilleeis auf dem Markt, und nachdem ich mich (abgesehen von der Bloggerei) ein bisschen auf den Lorbeeren ausgeruht habe, geht’s nun langsam mit neuen Projekten weiter. Für gleich drei Stories (plus eine neue Gespensterstory, die zu Weihnachten erscheinen soll) sind die ersten groben Planungen gelaufen. Eine davon wird sich auch wieder um Holger und Christoph drehen.

Eigentlich sollte ausschließlich Wodka für die Königin von diesen zwei leicht durchgeknallten Jungs erzählen, aber die sind bei den Lesern so gut angekommen, dass nur sie als Hauptfiguren in Frage kamen, als die Idee für Frag doch das Vanilleeis langsam Gestalt annahm. Auch die derzeit noch ganz profan als #3 betitelte Story kann nur von den beiden handeln. Es scheint sich da eine richtige Saga um die beiden zu entwickeln, was so nie geplant war, mich aber trotzdem freut. Denn irgendwas Positives scheinen die Jungs ja bei den Lesern auszulösen.

Trotzdem habe ich letzte Nacht das allerletzte Kapitel geschrieben, das besagte Holger & Christoph Saga irgendwann mal zum endgültigen Abschluss bringen wird.

Nein, weder plane ich a priori sieben Bände wie die Kollegin J. K. Rowling noch fürchte ich das Schicksal von Agatha Christie, die ihren Hercule Poirot schon nach dem dritten Roman so gründlich satt hatte, dass sie ihn da am liebsten selbst abgemurkst hätte, aber by popular demand für weitere dreißig Romane mit ihm gestraft war. Mein Größenwahn hält sich – hoffe ich zumindest – in Grenzen.

Trotzdem kam mir gestern Abend nach zwei Gläsern meines Lieblingsbiers („rotblond“, obergärig, Kenner werden den richtigen Schluss ziehen) dieser Gedanke: Wenn Holger und Christoph als „meine literarischen Kinder“ nun scheinbar noch eine ganze Weile in meiner Obhut bleiben, dann möchte ich größeres Bild dessen haben, was den beiden noch alles so passieren kann und wird. Zumindest erst einmal nur für mich.

Ich stelle es mir wie eine Sonntagspartie im Traumcabrio vor: Mal geht es in die eine Richtung, mal in die andere, manchmal nimmt man absichtlich einen Umweg und manchmal verfährt man sich unabsichtlich, aber dafür ganz gewaltig. Aber es macht unheimlichen Spaß, wieder auf den rechten Weg zurückzufinden. Und irgendwann ist die Fahrt von A nach B dann zu Ende.

Genauso soll es Holger und Christoph ergehen. Der Wodka und das Vanilleeis ergeben zusammengenommen quasi den Ausgangspunkt A, das in der vergangenen Nacht geschriebene letzte Kapitel wird das Ziel, Punkt B sein. Was dazwischen kommt? Bleiben sie in Norddeutschland? Verschlägt es sie woanders hin? Welche Typen kreuzen noch ihren Lebensweg? Irgendwann wird die Reise von A nach B jedenfalls zu Ende sein. Was in der Zwischenzeit passiert? Ich habe da schon ein paar vage Ahnungen, aber insgesamt muss ich mich im Moment noch genau so überraschen lassen wie die Leser…

Die Agonie des Schreiberlings

Eine Woche ist vorüber.

Seit einer Woche ist mein neues Buch Frag doch das Vanilleeis im Handel. Es hat richtig gut begonnen. Glückwünsche zum Start sind ebenso eingegangen wie die ersten positiven Lesermeinungen, für die ich mich genauso von Herzen bedanke wie für die konstruktive Kritik.

Aber bei jeder Buchveröffentlichung ist da auch während der ersten ein, zwei Wochen diese merkwürdige Phase… Für gewöhnlich ist sie sehr kurz, aber solange sie andauert nervt sie, und zwar richtig!

Das Buch ist also nicht nur fertig, es ist auch „offiziell abgenommen“ und zum Vertrieb freigegeben worden. Im Grunde könnte man sich langsam auf das nächste Werk stürzen. Aber dann ist da plötzlich dieses Gefühl, alle Kreativitäts- und Ideenvorräte mit diesem letzten, gerade veröffentlichten Buch völlig aufgebraucht zu haben. Obwohl es völliger Quatsch ist, lebt man in der festen Überzeugung, nie wieder ein weiteres Wort zu Papier zu bringen.

Ihr glaubt gar nicht, wie froh ich sein werde, wenn das vorbei ist.

So in etwa in einer Woche. Vielleicht auch in zwei. Ich hab da nämlich schon eine Idee, was ich als nächstes schrei…

Sorry, muss aufhören – mein Laptop ruft. Auf ein Neues!

Frag doch das Vanilleeis!

1. August 2014!

Nun ist es also soweit! Offizieller Verkaufsstart für meinen neuen Roman Frag doch das Vanilleeis. Ab sofort ist es als Printausgabe im regulären Buchhandel (es ist ja bekannt, wie wichtig ich shop local finde) erhältlich – wenn’s mal nicht vorrätig ist, wird es euch gerne bestellt. Natürlich ist es auch bei allen gängigen Online-Portalen zu beziehen.

Und auch die Freunde von eBook dürfen sich freuen – selbstverständlich ist Frag doch das Vanilleeis auch für alle gängigen Reader verfügbar – bis Mitte September übrigens zum Aktionspreis von 2,49 Euro! Schnell sein lohnt sich also.

Holger und Christoph sind zurück!

Für alle Freunde und Leser, welche die Vorankündigung vielleicht versäumt haben: Holger und Christoph aus meinem Roman Wodka für die Königin scheinen ganz besonderen Eindruck hinterlassen zu haben, und darum erfülle ich allen Fans der beiden natürlich gerne den Wunsch nach einem neuen Abenteuer mit den beiden.

Und was erleben die beiden?

Es heißt, dass beide Hälften eines Paares sich immer ähnlicher werden, je mehr sie zusammen sind. Bei Holger und Christoph scheint da ein klitzeklein wenig schiefgelaufen zu sein. Dadurch gerät das Leben der beiden ziemlich durcheinander, und als auch noch Holgers Hund Charly sich ein paar unschöne Eigenheiten angewöhnt, muss Holger auch noch so etwas ähnliches wie eine Straftat vertuschen…

Was bleibt noch zu sagen?

Nicht viel – nur bannig lieben Dank an alle Leser für den Support in den letzten Jahren. Ich wünsche Ihnen und euch allen ganz, ganz viel Freude mit Frag doch das Vanilleeis – ab heute offiziell im gedruckten und elektronischen Buchhandel erhältlich!

Pressehinweis:

Kostenlose Rezensionsexemplare für Journalisten (nachgewiesener Presseausweis erforderlich!) können unter presse(at)bod(punkt)de direkt beim Verlag angefordert werden.

Über den Tellerrand geschaut (2)

Fundstücke aus anderen Blogs – Heute: Happy End erwünscht?

Bereits vorgestern wurde im Blog Libromanie in Bezug auf Bücher die Frage „Happy End erwünscht?“ gestellt.

Für mich als leidenschaftlicher Leser ist das defnitiv keine Frage, die sich pauschal mit „Ja!“ oder „Nein!“ beantworten lässt. Sie muss individuell bei jedem Buch neu aufgeworfen werden. Könnte man sich beispielsweise Han Suyins wundervolles A Many-Splendoured Thing (Alle Herrlichkeit auf Erden) mit einem Happy End vorstellen? Nicht wirklich. Manche Bücher werden gerade durch das Ausbleiben eines Happy Ends glaubwürdig und zu einer runden Sache. A Many-Splendoured Thing, übrigens eines meiner Lieblingsbücher, spielt vor dem Hintergrund des Chinesischen Bürgerkriegs 1927 – 1949. Ein Krieg fordert viele Opfer, und vor diesem Hintergrund kann die Romanze der Ich-Erzählerin, einer Halbchinesin, mit einem amerikanischen Kriegsreporter, die obendrein durch das Drama der Gebundenheit der  Erzählerin an die Traditionen ihrer Väter erschwert wird, einfach kein Happy End haben. Es wäre krampfhaft zusammenkonstruiert und vollkommen unglaubwürdig dahergekommen.

Ganz anders Rita Mae Browns Bingo: Dieser Band aus der Trilogie um die Hunsenmeir-Schestern Julia Ellen und Louise muss einfach mit einem Happy End daherkommen. Es ist ein völlig schräges Happy End, bei dem die Protagonisten mehr als eine gesellschaftliche Norm brechen, aber es passt auch einfach zu dem, was man auf der Reise vom ersten Kapitel zum Finale mit den Figuren erlebt hat, so dass auch hier das Gefühl entsteht: Es kann… darf gar nicht anders sein.

An dieser Stelle ein Zwischenruf: Was bedeutet Happy End überhaupt?

Es sollte auf keinen Fall mit einem guten Ende gleichgesetzt werden. Nehmen wir nur mal einen Krimi: Wenn der Mörder geschnappt ist, nimmt die Story sicherlich einen guten Ausgang, weil von diesem Mörder keine weiteren Opfer mehr zu erwarten sind. Aber happy ist das Ende doch auf keinen Fall. Denn da ist ja immer noch das Opfer, um das sich die Krimihandlung gedreht hat bzw. dessen Hinterbliebene. Die dürften erleichtert sein, aber ob sie happy sind, darf bezweifelt werden, denn ihr Verlust bleibt.

Zurück zur Frage – und um doch einmal kurz zu generalisieren: Wie an verschiedenen Ecken hier im Blog erwähnt bin ich ein so großer Fan von Schauergeschichten in altviktorianischer Erzählweise, dass ich mich mit meiner neulich veröffentlichen Kurzgeschichte Das Nebelschiff sogar selber (hoffentlich erfolgreich) an diesem Genre versucht habe. Was ich an Stories wie Das violette Automobil von Edith Nesbit oder Die Drehung der Schraube (auch bekannt unter den Titel Das Geheinis von Bly oder Bis zum Äußersten sowie dem Titel der Verfilmung Schloss des Schreckens mit Deborah Kerr) von Henry James so faszinierend finde, sind die Enden, die gar keine Enden sind. Irgendetwas bleibt immer offen, das den Leser einlädt, die Geschichte im Kopf selber zu Ende zu spinnen, damit er für sich selbst die Frage beantwortet bekommt: „Ist da nun wirklich etwas Übersinnliches geschehen, oder hat die Person sich das Ganze nur aufgrund nervlicher Überspanntheit eingebildet?“

Zusammengefasst also nochmal: Die Frage „Happy End erwünscht?“ kann gar nicht so allgemein beantwortet werden, wie sie gestellt ist. Zu der einen Story passt dies besser, zu der anderen jenes. Es kommt einfach ganz individuell auf das einzelne Buch an und wie sich die Geschichte darin entfaltet.

Zehn Momente

1. Man schreibt das letzte Wort, setzt den letzten Punkt. Man fühlt sich großartig.

2. Man kontrolliert alles noch einmal. Man ist zufrieden.

3. Man lädt Testleser ein. Man ist gespannt.

4. Man erhält Feedback. Man freut sich über die konstruktive Kritik, schüttelt fassunglos den Kopf ob unbegründeter Verrisse, man setzt die konstruktive Kritik um und bearbeitet die entsprechenden Passagen, ändert den als nichtssagend bemängelten Titel

5. Man prüft noch einmal alles. Jetzt ist das neue Werk wirklich fertig.

6. Man reicht das Skript im Lektorat ein. Man ist nervös.

7. Man erhält das positive Feedback des Verlags. Man freut sich, das jetzt die VÖ-Maschinerie in Gang kommt.

8. Man prüft noch einmal das ganze Projekt von vorne bis hinten. Man denkt „Jetzt oder nie“ und gibt grünes Licht.

9. Man erhält die Info, dass das neue Werk für den Vertrieb freigegeben ist. Man ist erleichtert und dankbar, dass man so weit gekommen ist.

10. Man sieht sein neues kleines Bescheidenes Werk im ersten Shop gelistet, nach und nach ploppt es auch in allen anderen hoch: „Das Nebelschiff“ – eine Erzählung im Stil viktorianischer Schauergeschichten, in der ein kleiner Dieb von seiner Beutetour im Hamburger Hafen mehr mitnimmt als ihm lieb sein kann.  Als eBook auf allen gängigen Plattformen erhältlich. Man fühlt sich unbeschreiblich.

Nebelschiff - Titelbild