Wenn ich an einem Morgen mitten im Oktober wach werde, mir die Bettdecke zuviel ist, ich völlig verschwitzt bin und tierische Kopfschmerzen habe, dann ist der Grund dafür weder leidenschaftlicher Matratzen-Mambo noch eine durchzechte Nacht noch eine heftige Erkältungsattacke. Mein Mann hat lediglich die Heizsaison eröffnet.
In nichts sind mein mir Angetrauter und ich so inkompatibel wie im winterlichen Heizverhalten. Ich vermute, dass ich irgendwo einen Polarfuchs im Stammbaum sitzen habe oder mein wahres Sternzeichen Eisbär, Aszendent Pinguin ist. Mir reicht nämlich eine Zimmertemperatur von etwa 17, 18 Grad Celsius in der Bude vollkommen aus. Wenn mir doch mal kalt ist, ziehe ich einfach dickere Plünnen über. Was natürlich etwas widersprüchlich ist, wenn man bedenkt, dass ich im Sommer erst bei Shorts-Flipflops-T-Shirt-Wetter mit Temperaturen ab 25 Grad so richtig aufblühe. Doch in freier Abwandlung von Lady Grantham aus Downton Abbey: „I’m a gay, and I can be as contrary as I choose.“
Wie dem auch sei, ich hasse künstlich von der Heizung erwärmte Luft wie die Pest. Ich komme mir dann immer vor, als würde man mich in eine Zwangsjacke stecken, die jemand aus auf doppelte Leistung gepimpten Heizdecken zusammengeklöppelt hat.
Anders mein Mann, dem kann es gar nicht muckelig genug sein. Wenn’s nach ihm ginge, würde unsere Heizung den Winterreifen folgen – aktiv von O bis O, von Oktober bis Ostern.
Dank so konträrer Bedürfnisse geht es bei uns schon mal recht frostig zu, selbst wenn das Thermometer anderes behauptet.
Die verschiedenen Bedürfnisse bei der Raumtemperatur haben natürlich auch Auswirkungen auf die Körpertemperatur. Behauptet zumindest mein Mann. Und so muss ich nach sechzehn Jahren in einer gemeinsamen Wohnung tatsächlich immer noch das Zu dir oder zu mir-Ritual durchlaufen, das doch eigentlich nur Bestandteil der ersten zwei, drei Dates ist:
„Kommst du noch zu mir zum kuscheln?“ – „Kuscheln ja, aber bestimmt nicht in deinem Kühlhaus. Und erst recht nicht, wenn unter der Bettdecke deine Füße warten, mit denen du Sauerkraut schockfrosten kannst!“
Pure Einbildung! Kein Zweifel möglich. Ich meine, wenn mir nicht kalt ist, wie kann ich da kalt sein? ‚N büschen frisch vielleicht…
Inzwischen haben wir die Sache ein wenig geregelt: Mein Zimmer, in dem mein Schreibtisch und mein Bett stehen, wird nur dann geheizt, wenn ich es will (also so gut wie gar nicht), im Rest der Wohnung ist mein Mann der Gebieter über die Thermostate an den Heizkörpern. Da soll noch mal einer behaupten, die wahre Macht in einer Familie liegt bei dem, der die Kontrolle über die Fernsehfernbedienung hat.