Klartext

„Russenpeitsche“ – diesen recht alten Ausdruck hört man dieser Tage öfter. Dass er in den letzten Jahren ein wenig in Vergessenheit geraten ist, hat zweifelsohne an einem Mangel an passender Situationen gelegen, ihn zu benutzen. Wobei ich mich immer automatisch an das angewiderte Gesicht meines Großonkels erinnern muss, wenn das Wort dann während meiner Kindheit in den 70ern und 80ern wirklich mal gefallen ist. Den hatte es nämlich als Kriegsgefangenen nach Sibirien verschlagen, so dass für ihn Temperaturen um minus zehn Grad eher ein Grund waren, an gar zarte Weisen wie Es klingen die Lieder, der Frühling kehrt wieder zu denken.

Hier im Ruhrgebiet hört man dieser Tage auch häufig den Spruch „Kerlokiste, dat is so kalt, da friersse dir ’nen Pinn inne Futt“. Es gibt Dinge, die möchte man sich nicht bildlich vorstellen.

Charmanter in der Formulierung, aber nicht weniger unangenehm in der lebhaften Vorstellung ist das norddeutsche „Da kriechen dir morgens auf Tante Meier die Eisheiligen an den blanken Helmut.“ Klingt mehr nach Zombieapokalypse.

Egal, wie blumig man es auch formulieren mag, es läuft alles auf eine gemeinsame Realität hinaus: Es ist verdammt kalt geworden! So kalt, dass mein Immunsystem irgendwann eingeknickt ist und ich seit mittlerweile zwei Wochen daniederliege. Das an sich wäre nicht weiter erwähnenswert, wäre mein Mann nicht auch außer Gefecht gesetzt. Das bringt alles durcheinander, denn bisher haben wir es immer geschafft, nacheinander dem Ruf der Apothekergötter Rotzilla und Hustefix zu folgen, so dass der Haushalt und sonstige Alltagsaufgaben weiterlaufen konnten.

Aber jetzt? Es bleibt wirklich alles liegen, was sich izwischen auf das ganz normale Wohlbefinden in den eigenen vier Wänden auswirkt.

Zudem fehlt die Möglichkeit, dass der Gesunde sich mal für eine Zeit verdrückt, wenn die Stimmung auf dem absoluten Tiefpunkt ist. Zwei Stiere, gleichzeitig krank = Stimmung so explosiv wie…

Ach, ist doch egal, welche Vergleiche ich bemühen könnte. Die sind doch oft eh nur schwache Versuche, auf diplomatische Weise zu verklären, was man wirklich denkt. Aus Rücksicht, aufgrund seiner preußischen Erziehung, was auch immer. Dabei ist es so befreiend, seine Befindlichkeit gelegentlich vollkommen ungefiltert kundzutun. Darum jetzt und hier:

ICH HABE VON DIESEM KREUZVERSCH*SSENEN, ABGEF*CKTEN P***-K*CK-F*CK-SCH***S-DRECKS-ROTZ-KOTZ-WINTER DIE SCHNAUZE SO DERMASSEN GESTRICHEN VOLL, DASS ES FÜR DEN NÄCHSTEN, DER IN MEINEM BEISEIN DIE SCHNEEDECKE DRAUSSEN ALS SCHÖNEN ANBLICK LOBT, KLATSCHEN WIRD, UND DAS WIRD GARANTIERT KEIN BEIFALL SEIN!

 

(Die „Verpixelung“ gewisser Worte durch *-Symbole erfolgt übrigens aus rein technischen Gründen, um Spam- und sonstige Filter der Leser nicht in den Systemzusammenbruch zu treiben.)