Stummes P

Den Rekord für die meisten gespielten Vorstellungen aller Zeiten hält mit über 25.000 Aufführungen das Kriminalstück The Mousetrap, das seit 1952 ununterbrochen jeden Abend in London aufgeführt wird.

Heißt es zumindest von offizieller Seite.

Inoffiziell möchte ich behaupten, dass mein Mann und ich diesen Rekord längst eingestellt haben, obwohl wir erst seit einundzwanzig Komma fünf Jahren bei der Sache sind.

Unser ganz eigener Theaterstoff heißt Weiterlesen

Weihnachtsgeld

„Guten Morgen, der Herr! Ich sehe, Sie sind Brillenträger! Darf ich Sie vielleicht mit unserem neuen Brillenreiniger Glotzenglanz bekannt machen?“

Eigentlich sollte ich stumm vorbeigehen, aber die preußische Erziehung verbietet das. Also grüße ich, lehne höflich dankend ab und stelle mich auf das Unvermeidliche ein: Prompt prasselt ein Schwall wohlgedrechselter und perfekt auswendig gelernter Phrasen auf mich ein, mit denen der Propagandist (ich weiß, dieser Job trägt heute einen klangvolleren, wichtigeren und natürlich englischen Namen, vermutlich sowas wie „Crap-That-Nobody-Needs Sales Manager“, aber ich habe nun mal ein Faible für diese altmodischen Vokabeln) mich davon zu überzeugen versucht, dass nur sein Produkt meine Brille sauber hält.

Ich bedanke mich für die Information, lehne noch einmal dankend ab und will weitergehen. Doch dieser Mr. Brillenrein denkt gar nicht daran, mich in Ruhe zu lassen, versucht sogar, mich am Arm festzuhalten. Da werde ich doch langsam füünsch: Weiterlesen

Brüjanadams

In kaum etwas machen sich Generationenunterschiede so sehr bemerkbar wie in der Sprache. Wo Oma Klara Krawuttke davon spricht, an einem Sommertag nur eine Schüssel Salat auf den Tisch bringen zu wollen, weil es für Sauerbraten viel zu warm ist, spricht Enkelin Kira-Madeleine Krawuttke davon, dass es heute bei ihr nur ein Bowl-Gericht oder gar ein Bowl Dish gibt. Beide meinen im Grunde genommen dasselbe: Etwas, das in einer Schüssel serviert wird.

Ich will mich jetzt nicht wieder über vermeintliche und echte Anglizismen auslassen, das hatten wir schon mal. Aber mitunter treibt das babylonische Sprachgewirr der Generationen Blüten, die einfach niedlich sind. Weiterlesen

Gillianennis

Schon Grethe Weiser wusste: Wenn man Kamin nicht Kamin ausspricht, sondern mit leicht französischem Näseln Camahng sagt, klingt das Ganze gleich viel schicker und internationaler. Weiser durch Grethe!

Kreativität mit Sprache ist wunderbar – wenn es mir nicht so ginge, würde ich nicht selber mit Worten arbeiten. Aber manche Kreationen sind schlimmer als Opas Diaabend zum Schwarzwaldurlaub. Wir alle kennen die bekannten Beispiele, wie’s auf gar keinen Fall laufen sollte – Public Viewing als neues deutsches Gemeinschaftserlebnis. Nichts hebt die Stimmung mehr als eine öffentliche Leichenschau mit hunderten begeisterten Fans! „Gebt mir ein L! Gebt mir ein E! Gebt mir ein I! Gebt mir ein C! Gebt mir ein H! Gebt mir ein E! LEICHE! Go, Leiche Go!!!“

Weniger oder (meist) mehr verunglückte Wortspiele allerorten, weil die Nation zeigen will, wie hip ihr Sprachumgang ist. Dabei führt diese Inflation mitunter nur dazu, dass selbst der Umgang mit normalen Worten ganz furchtbar schiefgeht.

Gestern war ich im Lebensmittelmarkt meines Vertrauens und bekam mit, wie eine junge Kundin Marke „Karrieregirl mit zuviel Make up für zu wenig Gesicht – versteckt unter der Brille der Stubenfliege Puck“ nach Gillianennis (sprich:  „Tschilliänännis“) fragte. Die Miene des Supermarktmitarbeiters verformte sich zu einem gigantischen Fragezeichen. Was konnte Gillianennis nur sein? Ein Putzmittel? Ein Nerventonikum? Eine englische Käsesorte? Ein irischer Whisky? So klär mich doch auf, Frollein!

Die Kundin dirigierte ihn in die Süßwarenabteilung, wo sie nach einigem Suchen selber fündig wurde. In ihrem Einkaufswagen landete ein Päckchen… Gelee Ananas.

 

 


Hinweis: Die Titelgraphik dieses Beitrags stammt aus dem Pool frei verwendbarer Bilder von Pixabay und befindet sich unter dem Vermerk CC0 der Creative Commons in der Public Domain.